Christiane alias ChrisBerlin lernte ich vor etwa einem halben Jahrhundert bei einem Workshop der Strickdesignerin Rililie kennen. Damals war Maschenfein gerade geboren. Es gab noch keinen Shop, noch keine Bücher, nur viele, viele Leserinnen, die mir eifrig von meinem alten Blog in die berufliche Zukunft mit Maschenfein gefolgt waren und eine Vision. Und es gab die große Leidenschaft für’s Stricken. Auch bei Christiane war noch vieles anders. Es gab noch keine eigenen Anleitungen, aber dafür schon viiiiiele Projekte auf Ravelry und unzählige gestrickte Kilometer. Sie war schon damals eine echte Netzwerkerin und wo ich niemals so richtig warm wurde mit Ravelry, kannte sie glaube ich alle Damen in diesem Workshop über verschiedenste Ravelry-Treffen. Ravelry war damals ihr zweites Wohnzimmer (so kam es mir vor).

Mittlerweile hat sich Christiane mit dem Schreiben eigener Strickanleitungen – also mit dem Strickdesign – ein zweites Standbein aufgebaut. In ihrem eigentlich Job war sie sehr erfolgreich, doch wie das so ist, wenn man voller Leidenschaft für’s Stricken steckt und sich Wege/Türen öffnen… so hat sie das Strickdesign zumindest teilweise auch noch zum Beruf gemacht und lebt jetzt zwei berufliche Welten.

Ich freue mich riesig, ChrisBerlin heute hier zu haben und bedanke mich bei Dir, Chris, für deine unendliche Geduld bei der Veröffentlichung des Textes. Genau genommen war das Interview nämlich schon im Sommer geplant. Doch der Feinschliff mit Bildern und Co. dauert dann eben doch immer seine Zeit und so komme ich heute endlich dazu, Euch Chris und ihre Designs genauer vorzustellen und den Text schnell noch zu aktualisieren, weil natüüüürlich schon eine weitere Anleitung hinzu gekommen ist. Und hier findet Ihr passend dazu alle Kits von ChrisBerlin bei Maschenfein, mit dem Code “ChrisBerlin” gibt es bis Ende Oktober hier 10% Rabatt auf alle Chris-Berlin-Wollpakete.

Und nun: lasst Euch inspirieren, ich wünsche Euch ganz viel Spaß beim Lesen!

Seit wann strickst Du und wie bist Du dazu gekommen?

In unserer Familie wurde schon immer gehandarbeitet und so habe ich schon sehr früh mit sticken und häkeln begonnen. Die Strickliesel war dann mein Start zum Stricken, da war ich etwa 9 Jahre alt. Sehr schnell sind dabei Oberteile zunächst für meine Barbie Puppe entstanden. An mein erstes Oberteil kann ich mich aber auch noch gut erinnern: ein rotes Sommertop, welches ich dann voller Stolz im Sommerurlaub in den Bergen angezogen habe. Da war ich vielleicht 12 Jahre alt. Passend dazu gab es den selbstgenähten Stufenrock. Burda Moden und Carina waren damals unsere Zeitschriften.

Als Teenager hatte ich dann die Möglichkeit mir in einem Wollladen mein Taschengeld aufzubessern und mir so schöne Wolle und Stoffe kaufen zu können. Anny Blatt war damals mit ihren Angora- und Lurexgarnen der Hit und es entstanden Pullover mit Fledermausärmeln und Paisleymustern.

Modedesign zu studieren, das war damals mein großer Traum, der aber, aus verschiedenen Gründen, nicht zu verwirklichen war und so habe ich beruflich eine völlig andere Richtung eingeschlagen. Handarbeiten wurde dann irgendwann auch ziemlich uncool.

Wie bist du dann wieder zum Stricken gekommen?

Vor ca. 7 Jahren ist mein Leben etwas zur Ruhe gekommen und damit gab es mehr Freiraum. Ich habe das Stricken wiederentdeckt und dank Ravelry hat sich mir eine völlig neue Welt eröffnet. Endlich konnte man sich austauschen, auf Fragen wie „Was kann ich tun damit meine Kanten schöner werden?“ bekam ich eine Antwort und so wurden meine gestrickten Sachen immer ansehnlicher. Bei Ravelry konnte ich auch sehen wer in meiner Wohngegend noch so strickt. Sich mit anderen zum Stricken zu treffen, ist etwas, was mir bis heute viel Spaß macht.

Die zweite Revolution war für mich, dass man von oben nach unten stricken kann – kein blödes Zusammennähen mehr und man kann früh anprobieren und die Größe anpassen. Seitdem sitzt alles wie angegossen!

Wie kam es überhaupt dazu, dass Du angefangen hast, eigene Anleitungen zu schreiben? Und seit wann tust Du das?

Zunächst habe ich angefangen Anleitungen ein wenig zu verändern. Ich habe Taschen eingefügt oder ein komplettes Tuch, weil es mir zu klein war, noch mal gegengleich angestrickt.

Die erste eigene Anleitung war vor etwa vier Jahren eine Tüftelei: Ich hatte einen Schal gesehen der mit sechs Fäden gleichzeitig gestrickt wurde und hab mir gedacht, das geht doch auch einfacher. „Flowing dots“ war geboren, aber noch ein absoluter Einzelfall.

Flowing Dots – Fotos: © ChrisBerlin

Anfang 2017 ist dann aus der Not und einem schönen Zufall, mein erstes Design entstanden. Ich hatte mir Garn gekauft und fand keine passende Anleitung. Wenn es keine gibt, muss ich mir wohl selbst etwas überlegen. So entstand der Cardigan “Sparkling Innovation“, bei dem im Zentrum eine Lochmusterbordüre steht.

Sparkling Innovation – Fotos: © ChrisBerlin

Du hast vor nicht allzu langer Zeit Dein berufliches Leben etwas umgestellt, um dem Strick-Design mehr Raum zu schaffen. Wie kam es dazu und wie fühlt sich das jetzt an? Arbeitest Du nach wie vor Teilzeit in Deinem „alten“ Beruf? Ist das Strick-Design mehr und mehr auch Dein Beruf?

Mit dem ersten Design war ich angefixt. Es entstanden auf einmal so viele Ideen in meinem Kopf. Ich finde übrigens deinen Begriff Kopfstricken super passend. Nach einem halben Jahr einer wirklichen Doppelbelastung und viel Toleranz von meiner Familie habe ich allen Mut zusammengenommen, um die Chance, die sich mir geboten hat, umzusetzen. Es hat geklappt und so habe ich heute zwei Jobs. Es ist Bereicherung und Last zugleich, insgesamt arbeite ich heute sicherlich mehr, habe aber doppelt so viel Spaß an der Arbeit. Es gibt heute so viele Designer und da ist es schwerer, sich zu etablieren. Bislang mache ich noch alles selbst. Ich habe noch keinen Editor oder Übersetzer und möchte mich an dieser Stelle einmal bei all meinen Teststrickerinnen bedanken. Vielen Dank, dass ihr mir seit 2 Jahren zur Seite steht und immer wieder Lust habt, euch mit mir gemeinsam auf neue Abenteuer einzulassen.

Was machst Du, wenn Du nicht strickst? 

Ich reise sehr gerne, es macht mir Spaß andere Menschen und Kulturen kennenzulernen. Dabei habe ich entdeckt, dass Kochen etwas ist, was uns weltweit verbindet und gleichzeitig die Eigenheiten einer Kultur widerspiegelt. Über das Essen und Trinken kommt man auf Reisen immer gut ins Gespräch. Die Art des Reisens kann sehr unterschiedlich sein – lange Jahre sind wir mit dem Motorrad gefahren. Die Gesichter der sizilianischen Männer vor der Bar, als ich von meiner BMW abstieg, werde ich nie vergessen.

Eine weitere Leidenschaft ist das Fotografieren – Stimmungen einfangen und festhalten.

Bist Du eher der Typ „eins nach dem anderen“ oder hast Du gern mehrere Projekte gleichzeitig auf den Nadeln?

Ich bin absolut monogam, stricke (fast) immer nur an einem Projekt, so kann ich mich voll fokussieren, um das beste Ergebnis zu erzielen.

Woher nimmst Du Deine Inspirationen und wie ist Dein Weg zu einem neuen Design? Hat sich Dein Designprozess über die Zeit verändert?

Ich habe mich schon immer für Mode interessiert und die Techniken und Möglichkeiten des Strickens bieten eine solche Vielfalt sich auszudrücken. Designs entstehen meist in meinem Kopf, manchmal mache ich mir Skizzen, um sie nicht zu vergessen. Dann kommt der Prozess, wo die Vorstellung auf das richtige Garn trifft. Anhand von Maschenproben teste ich aus, ob das Garn die richtigen Eigenschaften für mein Design hat. Maschenproben sind für mich der Dreh- und Angelpunkt beim Stricken. Oftmals probiere ich unterschiedliche Nadelstärken aus und jede Probe wird gewaschen, denn man stellt sich nicht vor, wie Garn sich mit ein wenig Wasser verändern kann.

Dann fange ich an zu stricken und der Anfang ist meist der schwierigste, aber auch spannendste Part. Beim Stricken kann sich noch so manches ändern und so schreibe ich die Anleitung meistens erst, wenn alles fertig ist.

Eigentlich ist der Beruf “Strickdesigner” eine sehr einsame Angelegenheit, aber ich habe das große Glück, dass ich Anke von ANKESTRiCK kennenlernen durfte. Wir wohnen beide in Berlin, was vieles leichter macht. Zunächst habe ich für sie Test gestrickt und als ich mit meinen eigenen Designs begonnen habe, hat sie mich stets motiviert und unterstützt. Über die Zeit ist so eine tolle Zusammenarbeit und Freundschaft entstanden, die ich nicht mehr missen möchte.

Da mir Ankes Designs immer wieder gut gefallen und ich zur Entspannung auch gerne mal nach Anleitung stricke, bin ich immer wieder mal bei dem ein oder anderen Teststrick dabei.

Gibt es aktuell ein neues Design in Arbeit?

Anfang des Sommers ist Else erschienen, ein leichtes Sommershirt, aus einem Leinen-Baumwoll-Gemisch. Genau das Richtige für die heißen Tage. Es ist ein Leichtgewicht und durch das Lacemuster und mit einer schönen Weite unten werden die Blicke auf das Dekolleté gezogen. Der kleine Ärmel wird gleich mit angestrickt und kann offen oder auch geschlossen gearbeitet werden. Die wunderschönen Bilder sind übrigens von Anke.

Else – Fotos: Anke © ChrisBerlin

Im vergangenen Monat kam der Boyfriend’s Cardigan dazu. Ein klassisches Design, ein wenig Oversize, nahtlos von oben nach unten gestrickt aus Bergamo von LAMANA.

Hast Du ein Lieblingsgarn? Eine Lieblingsfaser? Wenn ja: Welches und Warum?

Eines meiner Lieblingsgarne ist die Como von Lamana die es ja auch hier bei dir im Shop gibt. Vier Designs habe ich bislang daraus entworfen. Ich mag die Struktur (sie hat einen leichten Stand) und die Softness. Zudem ist sie völlig unkompliziert beim Stricken und später bei der Wäsche. Sozusagen mein „all times favorite“ Garn. Im Sommer stricke ich natürlich lieber mit kühlen Garnen, wie Leinenmischgarnen.

Gibt es eine bestimmte Zielgruppe, an die Du Dich richtest?

Zielgruppe kann ich nicht sagen, Stricksachen sollten stylisch sein. Ein kleiner Tick von mir, ich überlege mir schon beim Stricken was ich dazu anziehen möchte. Es gibt immer kleine Details und Eyecatcher, wie z.B. die Quasten bei Betty – so bekommt eine normale Weste durch ein kleines Extra einen Hippie Touch.

Betty – Fotos: © ChrisBerlin

Gibt es ein Stück unter Deinen Designs, das Du als Dein “Lieblingsteil” bezeichnen würdest?

Zurzeit bin ich verliebt in meine Morphing Pattern. Das sind Anleitungen bei denen keine klassischen Zu- und Abnahmen gearbeitet werden, sondern das Strickstück durch einen sukzessiven Wechsel der Muster geformt wird. Es hat mit dem Hoar Cardigan begonnen und mittlerweile sind nun 5 Designs zu dem Thema entstanden.

Hoar Cardigan – Fotos: rechts © Anke © ChrisBerlin und links © ChrisBerlin

Jetzt im Herbst widme ich mich mit dem Boyfriend’s Cardigan einem schon begonnen Thema, dem Patentmuster. Zwei Pullover sind bereits im letzten Winter rausgekommen. Der Blossom Leaves und Half Fisherman’s.

Blossom Leaves – Fotos: Anke © ChrisBerlin
Half Fisherman – Fotos: Anke © ChrisBerlin

Strickst Du Deine eigenen Designs auch mehrfach? Oder „muss“ es immer etwas neues auf den Nadeln sein?

Zu Beginn habe ich Designs auch schon mal doppelt gestrickt, da war das gewählte Garn beim ersten Versuch noch nicht 100% oder ein Detail konnte verbessert werden. Ich bin halt sehr detailverliebt. Da ich die ganzen Ideen aus meinem Kopf noch umsetzen möchte, stricke ich heut nur einmal (aber es wird auch ein paar Mal geribbelt). Kolding war eine Ausnahme, da ich den Schal 4 Stunden nachdem er fertig war in die USA geschickt habe. Aber das ist eine andere Geschichte.

Kolding – Fotos: © Woolfolk yarn

Du machst mit anderen Strickerinnen gemeisam Urlaub. Kannst Du erzählen wie Ihr Euch kennen gelernt habt, wie oft Ihr solche Trips macht und was Ihr da sonst so plant?

Ich liebe es mich mit Strickerinnen auszutauschen und kann mich noch gut an das erste Treffen in Linstow 2013 erinnern, an dem ich teilnehmen durfte. Ein verlängertes Wochenende nichts anderes tun als stricken, Projekte anschauen, anprobieren, neue Garne kennenlernen und Erfahrungen austauschen. Die Teilnehmerinnen stammten aus ganz Deutschland und es war sogar jemand aus der Schweiz dabei. So unterschiedlich alle waren, uns einte die Leidenschaft für Wolle und Stricken. Viele kannte ich zuvor von Ravelry und es war eine Freude alle persönlich kennenzulernen. Solche Wochenenden mache ich heute in unterschiedlichster Konstellation öfters.

Ende 2016 gab es eine Anleitung zum Girlfriends Cardigan. Kannst Du erzählen wie es dazu kam?

Girlfriends Cardigan – Fotos: © ChrisBerlin

Das ist eine schöne Geschichte, nach einem gemeinsamen Stricktreff sind wir noch ein wenig shoppen gegangen. Dabei hatte es Marianne (aka Wollweg) eine Strickjacke besonders angetan. Beim Anprobieren fiel uns die einfache Konstruktion direkt ins Auge und für uns Drei (Anke, Marianne und mich) war direkt klar, das müssen wir ausprobieren. Unabhängig voneinander haben wir noch am selben Abend angeschlagen.Jede von uns hat es ein wenig anders interpretiert und so ist der Girlfriends Cardigan entstanden. Das Besondere an der Konstruktion ist ihre Schlichtheit und gleichzeitig der perfekte Sitz. Eine Jacke bei der man nicht ständig zupfen muss, denn sie fällt nie von der Schulter.

Anke und ich waren davon so begeistert, dass wir den Gedanken weitergeführt haben. Es ist eine ganze Kollektion dazu entstanden, die V-Back-Collection.

V-Back-Collection
rechts – Cozy Lines (Foto: © ChrisBerlin) und links – Twice (Foto: Anke © ChrisBerlin )

Meine letzte Interpretation ist Betty (siehe oben), eine Weste bei der ich den V-Back mit dem Morphing Prinzip kombiniere.

Kannst Du uns drei Lieblings-Accounts auf Instagram oder Ravelry nennen, die unser Strickherz höher schlagen lassen?

  • woolfolk_yarn und brooklyntweed – Garne der besonderen Art gepaart mit stylischem Strickdesign
  • Laine Magazine – ich liebe diese Bilder.
  • Ankestrick – my all times favorite (wusstet ihr eigentlich, dass es „Anke’s Trick“ heißt?)
  • Liebwedd – die liebe Mimi beeindruckt mich immer wieder durch ihre herzliche und unprätentiöse Art.

Danke, Chris, dass Du Dir die Zeit genommen hast, uns eine kleinen Einblick in Dein Strickleben zu geben. Und danke, danke, danke für Deine unendliche Geduld bis zur Veröffentlichung Deines Interviews!

Ihr findet Chris…
… auf Instagram
… bei Ravelry
… und hier bei Maschenfein mit vielen Wollpaketen vertreten. Mit dem Code “ChrisBerlin” gibt es bis Ende Oktober hier 10% Rabatt auf alle Chris-Berlin-Wollpakete.

Viele schöne, weitere inspirierende Interviews findet Ihr in unserer Serie Maschenfein meets!

Marisa

Über Marisa

Ich bin Marisa, die Gründerin hinter Maschenfein. Die ersten Maschen schlug ich mit meiner Oma Lotti im Alter von etwa fünf Jahren an. 2014 gründete ich "Maschenfein". Was als Blog begann ist heute zu genau dem Online Shop für Wolle & Strickzubehör geworden, den ich mir immer gewünscht habe. Gemeinsam mit meinem Team möchte ich die Strickwelt mit Inspirationen, Anleitungen, schönen Garnen und dem besten Zubehör bereichern.

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