Heute entführe ich Euch auf ein Gespräch mit Rililie. Ich habe sie im vergangenen Frühjahr bei ihrem Workshop in einem Berliner Wollladen namens Bouclé kennen gelernt und war begeistert von ihrer Art, sich ihren einzelnen Designs zu nähern. Ihre Modelle hatten mir schon im Vorfeld gefallen und auch die Besonderheit der Details und Techniken waren mir aufgefallen.

In Ihrem Workshop wurde mir klar, warum Rililies Anleitungen so viele Seiten umfassen. Sie sind so detailliert und nicht zum “schnellen” Stricken gedacht, weil Ihre Modelle so raffiniert sind. In jedem einzelnen wendet sie spezielle Kniffe oder Techniken an. Sei es an den Schulter- oder Brust-Partien oder den Ärmeln oder den Bündchen… Speziellere Techniken sind entweder in ihren Anleitungen selber oder aber auf ihrem Blog auf’s Genauste erklärt. Sie macht nämlich bei weitem die tollsten Strick-Tutorials, die ich kenne.

Ich war neugierig und wollte mehr erfahren! Ich freue mich sehr über ihre Antworten und wünsche Euch viel Spaß beim Lesen!

Rililie Strickdesignerin Interview

Seit wann strickst Du und wie bist Du dazu gekommen?

Ich habe wie die meisten Stricken in der Schule gelernt und so manch grässlichen Schal herzlos zusammengeflickt… dann kam ja ein ziemlich langer Zeitraum in welchem Stricken so gar nicht in Mode war. Und plötzlich, während meines Erasmus-Aufenthalts in Edinburgh, sah ich überall tolle Wolle, Magazine und wundervolle Strickläden, ganz süß dargestellt und mit einer unglaublichen Liebe zum Detail präsentiert!
Es war also einfach Liebe auf dem zweiten Blick.

Dein Blog hat den Zusatz “Knittingtherapy Blog”. Inwiefern ist das Stricken eine Therapie für Dich oder welche Aspekte daran empfindest Du als therapeutisch?

Stricken hatte mich während einer ganz schweren Zeit in meinem Leben begleitet, getröstet und gerettet. Die mechanische, sich wiederholende Handarbeit sowie die Möglichkeit sich auf eine Anleitung zu konzentrieren oder etwas selber herzustellen half mir einen klaren Kopf zu behalten und beruhigte mich.

Ich sage nur das: zu der Zeit habe ich sogar während dem Essen gestrickt!

Rililie-StrickdesignerinLinks: des kleinen Prinzen Schäfchen, bzw. ein Pullover namens
Dessins-moi un mouton. Rechts: der Cardigan MarlOn aus der amirisu Winter Ausgabe

Mittlerweile kannst Du von Deinem Strick-Design leben. Wie kam es dazu und was hast Du vorher gemacht?

Es war purer Zufall und hat sich irgendwie natürlich ergeben. Ich hatte immer schon gerne meine eigenen Projekte gestrickt oder Anleitungen modifiziert und auf Ravelry gestellt. Dann kamen plötzlich Anfragen von Leuten die interessiert waren auch etwas ähnliches zu machen und irgendwie so begann ich dann auch Anleitungen zu schreiben.
Ich hatte nie daran gedacht, dass ich damit auch Erfolg haben könnte und bin sehr dankbar, dass es so gekommen ist!

Von der Idee zur fertigen Anleitung – woher nimmst Du Deine Inspirationen?

Hm… das ist wirklich eine schwere Frage. Es gibt keine wirkliche “Methode”, die man auch nachverfolgen kann, sonst wäre es wahrscheinlich keine Inspiration per se, sondern eher eine wissenschaftliche Arbeit. Die Ideen kommen ganz plötzlich und unverhofft – manchmal auch in ganz unpassenden Situationen wo man sie nicht niederschreiben kann und dann vergisst man auch die Hälfte davon. Zum Glück kommen dann andere nach….
Ich glaube es ist eben wichtig ein Träumer zu sein, aus dem Fenster zu schauen und die Gedanken fliegen zu lassen. Das regt die Kreativität an!

Mütze Rililie stricken
Die Wende-Mütze namens Mrs. Jekyll & Little Hyde mit einer
Lace-Seite (links) und einer sportlichen Seite (rechts),
mit einem gemeinsamen Bündchen. 

Wie lange gehst Du mit Deinen “Ideen” schwanger und wie lange bauchst Du im Endeffekt, Deine fertige Anleitung an Probestrickerinnen zu verteilen?

Es gibt immer viel zu viele Ideen und viel zu wenig Zeit. Deshalb habe ich ein kleines rotes Notizbuch, in dem ich sie nieder zeichne und mir Notizen zu der möglichen Konstruktion mache. Die meisten davon werden sogleich vergessen, manche werden nur teilweise verarbeitet und mit anderen vermischt. Keine der Ideen wird ganz genau so verwirklicht wie sie im Anfangsstadium notiert wird. Erst wenn ich an einem Projekt arbeite entfaltet sich das Design auch.

Es dauert ungefähr zwei Monate bis die Anleitung dann fertig zum Testen ist, manchmal sogar mehr… aber ich glaube, dass ich viel langsamer bin als andere Kollegen (was mich ehrlich gesagt ziemlich ärgert).

Strickdesignerin-rililie

Ich habe das Gefühl, Du verarbeitest in Deinen Designs immer mindestens eine neue spezielle Technik, oder? Bist Du eine Tüftlern? Oder vielleicht im Grunde Deines Herzens eine Mathematikerin, die die Logik hinter den Maschen liebt?

Oh, ja! Ich liebe neue Techniken auszutüfteln und finde diesen Aspekt des Design am interessantesten. Ich war schon immer fasziniert von Studien wie Industrie-Design und davon ergonomische Lösungen zu finden, die auch einer ausgeklügelten Ästhetik folgen. Ich würde aber nicht sagen, dass ich eine Mathematikerin wäre (als Schülerin habe ich Mathe gehasst, wie es sich eben so gehört). Ich bin eher ein Freund der Logik und ein Sherlock-Fan…. und bevorzuge somit die Deduktive Methode in Maschen-Problematiken!

FunkyGrandpa Cardigan-rililie
Der Funky Grandpa Cardigan, schon seines Namens wegen ein absolutes must-knit-Teil. 

In Deinem Workshop bei Bouclé im vergangenen Frühjahr hast Du beschrieben, wie wichtig es Dir ist, dass die Kleidungsstücke ganz individuell der weiblichen Form angepasst werden können. Kannst Du kurz beschreiben was Du damit meinst?

Nun, es interessiert mich das “Grundgerüst” also die individuelle Form, die eben unser Körper ist und dessen eigene beweglichen und unbeweglichen “Bauteile” so gut wie möglich zu respektieren wenn ein Kleidungsstück gestrickt wird.
Das klingt jetzt ganz unmöglich und kompliziert, ist aber ganz einfach und die Meisten machen das sowieso wenn sie ein Kleidungsstück kaufen: Jeder weiß intuitiv was einem steht und was wir eher vermeiden wollen – diese Kenntnis können aber nicht alle auf ihr Strick-Projekt anwenden, obwohl es ja doch die perfekte Möglichkeit ist etwas ganz auf unsere Ansprüche anzupassen. Ich kann in den Anleitungen natürlich nur ansatzweise helfen und folge bestimmten Standard Massen, aber dafür gibt es ja Workshops…, nicht?

Wie sieht Dein Strickalltag aus? Gibt es so etwas wie eine Alltagsroutine?

Zum Glück gibt es keine. Da ich alles alleine mache – also nicht nur Modelle entwerfe, stricke und dann die Anleitung schreibe, sondern auch fotografiere und Artikel für meinen Blog schreibe, Workshops vorbereite, reise, viele emails beantworte und KALs in meiner Gruppe auf Ravelry halte… – kann da gar keine Routine eintreten. Ich springe meist von Einem zum Anderen.
Das einzige das sicher jeden Tag gleich ist, ist dass ich mir morgens eine riesige Tasse Kaffee bereite und mich an den Computer setze – also gar nicht so originell, meine Routine!

Wieviele Anleitungen gibt es mittlerweile von Dir und welches ist Dein absoluter Liebling?

Im Moment sind es 22 und es kommt bald die Nummer 23 dazu. Mein absoluter Liebling ist immer das letzte Projekt, dass ich veröffentliche bzw. bearbeite. Alles Neue hat eben einen ganz anderen Reiz!

rililie-cardigans-stricken
Links: Der Cardigan BeauB, bei dem mit verschiedenen Materialien, hier Merino und Silkhair,
gespielt wird. Die Streifen werden abwechselnd zweifädig und einfädig (nur das Marino-Garn)
gestrickt, die Ärmel zum Schluss nur mit dem Lace-Garn, das macht sie so zart, was für eine tolle Idee! Rechts: der BlueSand Cardigan, der in Anzahl angelegter Projekte auf Raverly gerechnet, das meist-gestrickte Rililie-Design ist.

Im Frühjahr wirst Du beim Berlin Knits Festival einen Workshop geben. Worauf können sich die Besucher freuen?

Ich werde einen workshop halten der “Anatomical Knitting” heissen wird. Die Idee ist den weiblichen Körper auf seine geometrischen Grundformen zu reduzieren und mit dieser Kenntnis (und in Rücksicht auf die eigene, individuelle Morphologie) dann die verschiedenen Top-Down Konstruktionen zu analysieren, so dass man diese nach eigenen Vorstellungen modifizieren kann. In werde dort hoffentlich genauer erklären können, wie man ein Kleidungsstück seiner eigenen Körperform anpassen kann und welche Techniken es gibt, die einem helfen können.

Vielen Dank, liebe Rililie!

Ihr findet Rililie auf Instagram, ihrem Blog oder natürlich auf Ravelry.

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Marisa

Über Marisa

Ich bin Marisa, die Gründerin hinter Maschenfein. Die ersten Maschen schlug ich mit meiner Oma Lotti im Alter von etwa fünf Jahren an. 2014 gründete ich "Maschenfein". Was als Blog begann ist heute zu genau dem Online Shop für Wolle & Strickzubehör geworden, den ich mir immer gewünscht habe. Gemeinsam mit meinem Team möchte ich die Strickwelt mit Inspirationen, Anleitungen, schönen Garnen und dem besten Zubehör bereichern.

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