{Designerin des Monats}

„Bitte wie heißt das?“ Strickerinnen, die den skandinavisch zurückhaltenden Stil lieben, sind ziemlich sicher schon einmal über diesen Namen beim Scrollen „gestolpert“: aegyoknit. „Vielleicht hätte ich etwas nehmen sollen, was ein bisschen leichter zu schreiben und auszusprechen ist,“ scherzt Karoline Skovgaard Bentsen im Zoom-Call. Aber den Namen für ihre Arbeit als Strickdesignerin hat die junge Frau natürlich nicht ohne Grund gewählt – im Gegenteil. 

Sehr zurückhaltend und erst seit kurzem auch mit Gesicht vor der Kamera: Karoline Skovgaard Bentsen alias aegyoknit.
Foto: © aegyoknit

Aegyo ist ein kulturelles Phänomen in Südkorea, der Heimat ihres Mannes. Es bedeutet so viel wie, sich niedlich oder liebreizend zu verhalten. Und spätestens nach ein paar Minuten Gespräch mit ihr weiß man auch, dass dieser Name einfach passt. Karoline ist eine – im besten Sinne des Wortes – ausgesprochen entzückende Person. Etwas über sie zu erfahren, ist gerade deshalb auch gar nicht so leicht: Sie spricht nämlich lieber über andere als über sich selbst. Dafür ist sie nämlich eigentlich zu zurückhaltend und stellt sich nicht gerne in den Mittelpunkt. 

„Anfangs habe ich mich selbst in meinen Instagram-Posts gar nicht gezeigt. Die Tragebilder meiner Designs endeten immer knapp unterm Kinn”, erzählt sie. Doch das ändere sich nun etwas – wie zum Beispiel Bilder vom Sweater Jeju zeigen. “Ich habe irgendwann gemerkt, dass es anders nicht mehr geht und dass meine Follower:innen das auch gerne möchten.“ Menschen lieben Geschichten. Da trifft es sich gut, dass Karoline – als studierte Literaturwissenschaftlerin – weiß, wie Erzählen funktioniert. Ihre Modelle, die häufig am gemeinsamen Küchentisch entstehen, sind immer auch eine Mischung aus Narrativen der verschiedenen Kulturen, die sich in ihrer Familie vereinen.

Klein, aber fein – die Insel Fünen ist Karolines Wollheimat  

Karoline lebt auf der Insel Fünen in Odense. Auch wenn das offiziell die drittgrößte Stadt Dänemarks ist, geht es dort eher beschaulich zu. Als Karoline eines Tages in einem ihrer Lieblings-Wollläden mal wieder eine erstaunlich große Menge Garnnachschub besorgte, musste sie schließlich doch zugeben, dass sie nicht einfach eine passionierte Strickerin ist, sondern Herz und Seele von aegyoknit. Die Begeisterung der Angestellten war so groß, dass die Designerin davon gar nicht erzählen kann, ohne leicht rot zu werden. 

Doch wie kam es eigentlich dazu? „Gestrickt habe ich schon immer ein bisschen. Das ist in Dänemark auch ganz normal”, erklärt sie. Aber so richtig intensiv wurde es, als sie angefangen habe, warme Sachen für ihre Kinder zu stricken. “Das hat mir vor allem während meines stressigen Studiums geholfen, auch mal abzuschalten.” Danach folgte Arbeit für die ebenfalls bekannte dänische Designerin Lene Holme Samsøe. Hier war die Faszination endgültig geweckt: “Ich habe begonnen, mich selbst in diesem Gebiet auszuprobieren”, erinnert sie sich. “Und dann ging irgendwie alles recht schnell.“  

Von jetzt auf gleich zum Social Media Star 

Haraboji Cardigan - aegyoknit
Karolines Designs sind oversize, aber nie unförmig. Hier zum Beispiel ganz neu der Haraboji Cardigan.
Foto: © aegyoknit

Ein bisschen hört sich Karolines Bericht von ihrem rasanten Aufstieg in der Strick-Community auf Social Media an, als könnte sie es selbst nicht so richtig glauben. Sie postet erst seit dem Frühjahr 2022 ihre Entwürfe auf Instagram. Dort warten inzwischen über 140.000 Follower gespannt auf ihre neuen Designs. Seit kurzem hat sie wenigstens personelle Unterstützung, was Abrechnungen und Co. angeht. Abgesehen von einer Praktikantin ist aegyoknit ansonsten aber ein Ein-Frau-Unternehmen. 

Aufregender Alltag 

Das gibt ihr zwar Freiheit und Unabhängigkeit, kann aber auch belastend sein: „Heutzutage erwarten alle einen sehr schnellen Output. Und ich freue mich natürlich, wenn mir Menschen schreiben, dass sie unbedingt ein neues Design von mir sehen und stricken wollen”, erläutert sie. Aber das Entwickeln von Strickanleitungen brauche eben auch seine Zeit. “Man kann nicht im Wochentakt neue Muster herausgeben. Also ich jedenfalls nicht”, sagt Karoline. Vor allem, wenn sie dabei gesund bleiben und ihren eigenen Ansprüchen gerecht werden wolle. 

Und diese Ansprüche an ihre Arbeit sind hoch -besonders die Teststricks sind Karoline wichtig. Die Anleitungen sollen nicht nur gut lesbar und verständlich sind, sondern die fertigen Pullover und Accessoires sollen am Ende auch gut sitzen. Das hält die Dänin für besonders relevant, weil viele ihrer Schnitte oversized sind. 

Oversized bedeutet bei aegyoknit aber eben nicht „übergroß“, sondern „genau richtig groß“. An den passenden Stellen Abnahmen zu machen und die Konstruktion so anzupassen, dass trotz Mehrweite das Ganze nicht wie ein Sack am Körper hängt – das zeichnet Karolines Designs aus. Die Leitlinien ihrer Kollektion: modern und zeitlos mit urbanem Flair. Das heißt übrigens nicht, dass es nur grau und beige sein darf. Wenn es bunt wird, dann geht Karoline „all in“. Genauso wie bei einem aktuell noch geheimen Projekt, bei dem sie sich zum ersten Mal an einem Muster aus den 1960er Jahren orientiert. 

Authentizität und Nachhaltigkeit – Karolines Designideale   

Seon Kimono
Ein luftiger Cardigan für warme Temperaturen: Seon Kimono.
Foto: © aegyoknit

„Ich möchte, dass das, was ich stricke und designe, authentisch ist”, erläutert sie ihren Stil. Letzten Endes bestehe jedes Strickstück einfach nur aus linken und rechten Maschen. “Gerade deshalb achte ich auf die Details. Sie sind es, die dem Ganzen etwas Einzigartiges verleihen.” Das könne ein dezentes Muster oder eben eine subtile Konstruktionsabwandlung sein – “Jedenfalls immer etwas, dass ein Design erst so richtig interessant macht.” 

Um die Authentizität zu unterstreichen, greift Karoline nach Möglichkeit auch zu regionalen, dänischen Garnen. Das ist nicht nur nachhaltig, was die Lieferwege angeht, sondern auch mit Blick auf die Haltbarkeit. Dass vieles, was sie entwirft, deshalb nicht ganz so flauschig daherkommt, stört sie nicht – im Gegenteil: „Es muss nicht immer Merino und Mohair sein”, meint sie. “Ich mag inzwischen rustikalere Wolle sehr gern und empfinde sie auch nicht als kratzig.” Durch die Schwere, die eine solche Garnwahl mit sich bringt, haben die fertigen Strickstücke dann auch einen richtig schönen Fall. “Eben ein Pullover zum drin Wohnen.“ Also genau das, was ihre Modelle am Ende auch sein sollen. 

Judith
Judith kümmert sich bei Maschenfein mit um die Blogbeiträge

Über Judith

Ich bin Judith und lebe im Rheinland, wo mich allerdings jede*r am Dialekt und an Frida, meinem Rauhaardackel, als Niederbayerin erkennt. Als freie Autorin darf ich das maschenfein Team immer mal wieder in Sachen Content unterstützen und dabei meine beiden großen Leidenschaften verbinden: Schreiben und Stricken.

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2 Kommentare

Petra

Hallo, liebes Maschenfein-Team!
Ich freue mich immer sehr, wenn es was Neues von Euch zu lesen gibt. Es lässt mich in meinem sehr
stressigen Alltag ein bisschen träumen – von unendlicher Strickzeit in hyggeliger Umgebung 😉…
Eines ist mir jedoch in letzter Zeit aufgefallen: Ihr stellt sehr viele Modelle vor, die mit 2 Fäden gestrickt werden und es sind oft oversize-Modelle mit riesigen Ärmeln und dafür aber cropped.
Ich habe zu meinem Leidwesen eine Figur, die nicht gerade zu solchen Modellen passt. Auch werden immer schlanke Models mit diesen superschönen Designs gezeigt und diese sehen auch wirklich toll aus, aber stellt Euch das mal in großen Größen vor.
Oft habe ich mir ausrechnen lassen, was die Wolle für meine Größe kosten würde und habe dann festgestellt, dass dies mein Budget bei weitem übersteigt. Schade! Muss es denn immer 2-fädig sein?
Ich trage sehr gerne Strickjacken, weil schnell an-und wieder ausgezogen, aber diese müssen dann auch unter Regenjacken, Wintermäntel usw. passen. Die übergroßen Cardigans passen da einfach nicht und Garn für Nadelstärke 3 und enganliegende Strickstücke wärmen schließlich auch.
Am Arbeitsplatz und im Haushalt sind umherwehende Ärmel zudem ziemlich unpraktisch und kurze Designs “halten die Nieren nicht warm” (O-Ton meine Mutter 😊).
Ich wiederhole gerne: Eure Newsletter mit den vorgeschlagenen Designs sind toll und ich möchte sie nicht missen, aber ab und zu einen kleinen Traum erfüllen wäre schon schön.
Liebe Grüße
Petra

Sophia

Liebe Petra! Vielen Dank für dein Lob und deine Rückmeldung! Erst einmal freut es mich natürlich, wenn wir eine willkommene Unterbrechung im Alltagsstress sind. Und es stimmt: Viele Designerinnen veröffentlichen zur Zeit Oversize-Modelle mit den entsprechenden Merkmalen. Dass das in diesem Artikel besonders auffällt, liegt auch daran, dass genau solche Designs Schwerpunkt von Karoline sind. Ich könnt mir vorstellen, dass dir die Designs von Isabell Kraemer, Ankestrick, Coco Amour oder auch Lamana gefallen. Bei allen habe ich Modelle mit schmaler zulaufenden Ärmeln und regulärer Länge gefunden (bzw. kann man von oben nach unten gestrickte Designs ja immer super in der Länge anpassen). Was die vorgeschlagenen Garne angeht, orientieren wir uns meist an den Originalgarnen. Wenn wir die auch führen, übernehmen wir sie oder suchen nach einer passenden Alternative. Das ist oft zweifädig – das stimmt! Aber wir suchen dir auch sehr gern eine einfädige Alternative raus und helfen bei der Mengenberechnung. Schau also gern mal in Ruhe durch unsere Strickkits und schreib uns eine Mail, wenn du weitere Hilfe benötigst. Und ich gucke wiederum, was sich so für die nächsten Samstagskaffees ergibt! 🙂 Liebe Grüße und weiterhin viel Spaß mit Maschenfein! Sophia

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