Es ist mal wieder Zeit für einen Gast bei Maschenfein und ich freue mich riesig, Euch heute Jana von Janukke vorzustellen. Viele von Euch haben die Zunahme der Wollpakete für die schönen Designs von Jana beobachtet und einige der Tücher liegen schon auf Euren Nadeln. Jana habe ich vor bald zwei Jahren auf der h+h in Köln kennen gelernt und seither immer wieder geschaut was sie so entwirft, denn sie hat einen ganz eigenen super schönen Stil. Ihr Label wächst und wächst und viele weitere schöne Anleitungen kommen stetig dazu. Ich habe Jana ein wenig erzählen lassen. Über ihre Art zu entwerfen und ihre Vorliebe für feine Garne. Viel Spaß beim Lesen!

Interview janukke

Liebe Jana, wie schön, dass Du uns hier ein wenig mehr über Dich und “Janukke” erzählst. Du hast Dein Hobby zum Beruf gemacht. Seit wann strickst Du überhaupt und wie kam es zu diesem beruflichen Wendepunkt?

Ich stricke seit Sommer 2008. Mich hat das Stricken sofort fasziniert, vor allem, dass es mir erlaubt meine eigenen Ideen auszuprobieren. Als ich damals meine ersten Kreationen ins Netz gestellt habe, wurde ich nach den Anleitungen gefragt. So hat alles angefangen. Eins kam zum anderen und nach und nach ist aus dem Musterschreiben ein echter Beruf geworden.

Wie sieht Dein Alltag in Bezug auf das Entwerfen und Stricken so aus. Hast Du eine besondere Struktur, die Dir hilft, die Selbständigkeit gut zu planen?

Listen!!!! Ich liebe Listen! Vielleicht klingt das etwas kontra-intuitiv, weil ich ja in einem kreativen Bereich arbeite. Aber ich liebe es mich zu organisieren. Der kreative Part erledigt sich meist ganz von selbst. Dass mir mal absolut keine Idee kommt, ist die völlige Ausnahme. Typisch ist dass ich viel zu viele Ideen und Einfälle habe. Und dann kommen die Listen ins Spiel. Ich muss mich organisieren, damit ich mich nicht verzettele. Und dieses Jahr fange ich ein Bullet Journal an. Offenbar bin ich die Letzte auf dem Planeten, die diese Kombination aus Kalender und Tagebuch für sich entdeckt, aber gerade habe ich eine Menge Spaß damit.

Design-Prozess-Janukke
Von der Skizee zum Design. Das Tuch “Luftsprung“. 

Was begeistert Dich am Stricken und gibt es Dinge, die Du am liebsten strickst? Strickst Du manchmal auch einfach nur für Dich?

Stricken ist für mich Meditation, kreatives Schaffen und Stressabbau in einem. Es hilft mir, mich zu entspannen. Und da ich selten nach Mustern stricke, gibt es auch immer diesen kleinen Überraschungseffekt, ob meine Vision sich tatsächlich auch so umsetzen lässt. Das mag ich sehr.

Was ich am liebsten stricke, ändert sich mit der Zeit. Anfangs hatte ich vor allem Spaß am Stricken von Decken, jetzt habe ich ein Jahr der Tücher hinter mir und im Moment brenne ich darauf, wieder mehr Oberteile zu stricken. Ich denke, die Abwechslung macht es.

Dotlets_Wollpaket-FB
Pünktchen-Pulswärmer “Dotlets” (Wollpaket und Anleitung).

Ich habe das Gefühl, dass ich alle meine Designs „einfach nur für mich“ stricke. Ich kann mir im Grunde völlig frei aussuchen, welche Projekte mich reizen. Es läuft natürlich alles in enger Abstimmung mit den Garnherstellern, aber es sind nie klare Auftragsarbeiten. Alles, was ich stricke, lockt mich auf die ein oder andere Art. Das ist der Vorteil, wenn das Hobby zum Beruf wird! – Letztes Jahr habe ich mein neuestes Pulswärmerdesign, Lidar, das gerade veröffentlicht wurde, einige Mal gestrickt und verschenkt. Das könnte man wohl am ehesten als „echtes“ Freizeitstricken bezeichnen.

Lineares-schal-design
Ergebnis eines Mystery KALs: der Schal “Lineares” (Wollpaket und Anleitung).

Ich habe das Gefühl Du hast eine sehr spezielle Herangehensweise an Deine Entwürfe. Ich denke an Deine durch Escher inspirierten Designs. Erzählst Du uns ein wenig wie es von der ersten Inspiration zum fertigen Strickstück kommt?

Danke! Die Entwürfe in den riesigen Fußstapfen von M. C. Escher sind tatsächlich etwas Besonderes in meiner Arbeit. Anders als bei meinen anderen Entwürfen habe ich da immer ein klares Vorbild. Es fängt meist damit an, dass ich mich durch Eschers Tessellationsskizzen blättere. Die Skizze, die mich am meisten reizt, nehme ich mir dann vor. Ich kopiere ein Motiv daraus auf die Größe, in der ich es stricken möchte. Dann ist es wie beim Malen nach Zahlen. Ich stricke die Umrisse von der Skizze nach, oft ein Tiermotiv, wobei ich jedem Körperteil eine andere Textur gebe. Gliedmaßen werden gerne kraus gestrickt und für die Schuppen von Fischen bietet sich das Perlmuster an. Augen sind Noppen. Und so weiter. Ich stricke und ribbel so oft, bis ich zufrieden bin. Etwa drei Prototypen braucht es im Schnitt, bis ich ganz zufrieden bin.

Escher-Entwürfe-Janukke
Alle Entwürfe aus der Escher-Kollektion gibt es gebündelt auf Ravelry

Du strickst sehr gern mit den Garnen von ITO. Was ist Deiner Meinung nach der besondere Charme dieser Garne und unter welchen Aspekten kombinierst Du sie?

Das stimmt! Ich bin ein absoluter Fan der ITO-Garne. Sie bieten sich bei meiner Herangehensweise an das Stricken einfach sehr an. Für mich ist das Stricken eine Spielwiese um zu Experimentieren, eine Welt zahlloser Möglichkeiten, die es zu entdecken gilt. Und da passen die ITO-Garne mit ihren verschiedenen ungewöhnlichen und oft überraschenden Qualitäten genau hinein. Dadurch, dass sie so fein sind, kann man gut auch zwei von ihnen zusammen verstricken und erhält ein Gestrick mit einer Mischung der Eigenschaften beider Garne. Meine Lieblingskombination ist das feste Urugami-Garn mit Papieranteil zusammen mit dem flauschigen Sensai aus Mohair und Seide. Das Gestrick ist gleichzeitig kuschelig und widerstandsfähig. Oder man kombiniert zwei Effektgarne. In meinem Top Moonrock zum Beispiel habe ich das Bourette-Seidengarn Gami Picot mit einem Streifen Tategami kontrastiert, dessen Struktur an eine Papiergierlande erinnert. Ein spannender Effekt.

ITO-Design-Abacatha
Jana kombiniert ITO-Garne auf vielfältigste Weise. Der Sommerschal Abacatha entsteht aus den Garnen Washi, Tetsu und Sensai (Wollpaket und Anleitung).

Gibt es ein absolutes Lieblingsgarn? Oder eine bestimmte Lieblingsfaser?

Ein Lieblingsgarn habe ich nicht. Es ist unmöglich bei all diesen genialen Fasern, die inzwischen auf dem Markt sind. Aber es gibt sehr viele Garnhersteller, mit denen ich inzwischen sehr gerne zusammenarbeite. Rosy Green Wool, Blacker Yarns, Pascuali, ITO, Plucky, Madelinetosh, Baa Ram Ewe und Frida Fuchs gehören dazu, um nur ein paar zu nennen.

Genau so geht es mir auch bei den Fasern. Ich mag vor allem die Abwechslung.

Du bietest ja auch Workshops an (unter anderem bei Pascuali am 25. und 26. Februar). Welche Workshops stehen in den nächsten Wochen sonst an und wo kann man sich anmelden?

Im März gebe ich drei Workshops in Köln bei Hand Herz Seele. Es wird zweimal um Farben gehen, einmal mit Schwerpunkt Intasien und einmal mit Schwerpunkt Norwegerstricken. Und im dritten geht es um die Tessellationen des niederländischen Grafikers M. C. Escher, ihre innere Logik und Ansätze sie stricktechnisch umzusetzen.

Farb-Workshop-Janukke
Farben über Farben. Vorbereitung für bevorstehende Workshops.

Für mich sind die Workshops immer ein Highlight in meinem Designjahr. So sehe ich die Strickerinnen, die ich sonst nur online treffe, auch mal persönlich und es sind immer auch für mich sehr schöne Stunden. Und es macht mir viel Freude, ein bisschen von meinem angesammelten Strickwissen weiterzugeben.

Hast Du bestimmte Pläne für das kommende Jahr? Wird es mehr Tücher geben, oder hast Du andere Projekte in Planung?

Ich habe für das kommende Jahr einiges vor. Auf jeden Fall wird es wieder Tücher geben! Auch einige Pullis sind geplant. In meiner Gruppe auf ravelry, Janukke Strickdesign, werden dazu wie immer öffentliche Teststricks stattfinden. Jeder, der mag, ist herzlich eingeladen mitzustricken! Und ich arbeite auch ein wenig an ein paar geheimen Projekten. Ein bisschen spannend soll es ja auch sein.

Vielen Dank für Deinen Besuch, Jana! Ich freue mich, Dich bald wieder einmal persönlich zu treffen und bin gespannt auf viele neue Anleitungen von Dir!

Ihr findet Jana….
… auf ihrem Blog
… auf ihrer Ravelry-Anleitungs-Seite
… in ihrer Ravelry-Gruppe
… auf Instagram
… auf Facebook

Ihr findet ausserdem alle bei Maschenfein verfügbaren Wollpakete zu Janas Designs gebündelt hier.

Fotos im Beitrag: © Janukke.

In diesem Monat habe ich den Whippet-Cardigan von ANKESTRiCK auf den Nadeln. Ihr findet bei ANKESTRiCK viele schöne Anleitungen für Pullover und Cardigans und ich wollte ein wenig mehr erfahren, wer dahinter steckt und wie es zu den schönen Designs kommt. Kurzerhand habe ich Anke ein paar Frage geschickt. Viel Spaß beim Lesen!

Interview-ANKESTRiCK-fallmasche

Herzlich Willkommen, Anke, ich freue mich riesig, dass Du heute hier zu Besuch bist. Seit wann strickst Du denn eigentlich?

Liebe Marisa, vielen Dank für deine Fragen. Was gibt es schöneres, als über stricken zu sprechen? Ich stricke seit ich denken kann, aber ich hätte nie gedacht, dass einmal ein Beruf daraus wird!!

Wie bist Du zu Ravelry gekommen und dazu, dort Deine eigenen Anleitungen zu verkaufen?

Nach einer Strickpause von ca 10 Jahren hatte ich ca 2010 plötzlich wieder Lust anzufangen und suchte nach einer Inspiration für einen Schal und fand die clapotis-Anleitung auf ravelry. Ein
wunderbar leichter Schal mit Fallmaschen. Da man sich bei ravelry anmelden muss, (und ich es nicht erwarten konnte) heiße ich Fallmasche auf ravely.

Ich habe dann erstmal 6 oder 7 clapotisse gestrickt. Jeder, der einen wollte (oder auch
nicht) hat einen bekommen. So habe ich ravelry und mein Strickvergnügen (wieder) entdeckt.

Schon früher habe ich vor allem Pullis und Jacken für mich “designt”. Ich habe einfach gestrickt,
was mir einfiel und dann (nach den vielen Schals) wieder damit angefangen.Früher habe ich immer klassisch gestrickt und die Teile zusammengenäht – und viel damit verdorben.
Durch ravelry habe ich das top-down Stricken entdeckt und wollte es unbedingt lernen. Und
diese Faszination hat mich nicht wieder losgelassen. Da die Stücke gleich eine Aufmerksamkeit hatten, fand ich es sehr reizvoll Anleitungen dafür zu schreiben und habe es einfach ausprobiert. Auch dass die englischen Anleitungen viel einfacher und sinnvoller sind, fand ich toll.

Ankestrick-Maschenfein-Naima
Naima ist eines der bekanntesten Designs von ANKESTRiCK. Top-down und ohne Nähte. 

Was machst Du im eigentlichen Leben? Oder bist Du hauptberuflich Strickdesignerin? Wenn ja, was hast Du vorher gemacht, bzw. was hat Dich dahin geführt?

Studiert habe ich freie Kunst und war lange Zeit selbststädig als Grafik-Designerin. In einer für mich sehr schwierigen Zeit konnte ich aber nicht mehr arbeiten. Das Stricken hat mich mental
gerettet und ich war sehr aktiv auf ravelry. So war es ein fließender Übergang und ich bin sehr dankbar dafür. Ich habe jetzt das Gefühl meine eigentliche “Berufung” gefunden zu haben.

Antler-Fallmasche-AnkestrickLinks der in der Strickwelt gut bekannte Antler Pullover und rechts der Walk Along

Von der Idee zur fertigen Anleitung: woher nimmst Du Deine Inspirationen?

Ich habe nach einiger Zeit festgestellt, dass ich in Serien arbeite. Meistens steht am Anfang ein schönes Garn oder eine top-down Konstruktion, die mich faszinieren. Dann fange ich mit einer groben Idee von dem fertigen Stück an. Besonders der Ausschnitt und eine gute Passform in einem Stück von oben nach unten zu stricken interessieren mich, so dass man weder nähen, noch Maschen wieder aufnehmen muss. Meistens verändert sich die Idee sehr stark beim
Stricken – wenn die Technik oder das Garn etwas anderes will als ich, lasse ich mich gerne darauf ein.

Beim Stricken kommen dann Ideen für das nächste Stück und so geht es weiter, bis keine Ideen zu der Konstruktion mehr kommen oder mich eine andere top-down Technik fasziniert und alles geht von vorne los!

Wenn sich eine Idee lange genug in meinem Kopf festsetzt, rechne ich ein bisschen und fange gleich an. Ich mache keine Skizzen, weil die Vorstellung in meinem Kopf immer viel genauer ist und sich an Details festmacht, die ich gar nicht zeichnen könnte.
Wenn ich denke diese oder jene Konstruktion und jenes Garn wäre gut für eine Idee, ergibt sich daraus aber oft etwas ganz anderes. Die Anfangs-Idee ist aber nie ganz weg, sie zeigt sich dann wieder bei einem anderen Projekt. Und das ist es, was ich so sehr mag – es bleibt immer spannend für mich. Der Nachteil ist, dass es auch oft Momente gibt in denen gar nichts klappt, ich immer wieder neu ansetzen muss und das fertige Stück sehr lange dauert. Aber trotzdem, eine Idee einfach abzuarbeiten würde mich langweilen.

Gibt es eine besondere Geschichte zum Whippet Cardigan? Z.B. wie er entstand, was Dich inspiriert hat, warum es ihn in zwei Varianten gibt, etc.

Der Whippet war der seltene Fall bei dem die Idee, das Garn und die Technik von Anfang an
zusammen funktionierten. Ich habe mich selbst gewundert. Kein ribbeln, kein grübeln – einfach stricken, schreiben, fertig. Allerdings hatte ich erst die lange Version im Kopf, aber es musste ja ein bisschen spannend bleiben 🙂

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Der Whippet Cardigan in der kurzen Version (links) und in der langen Variante (rechts)

Wie sieht Dein Strickalltag aus?

Der Tag geht mit Büroarbeit los. Fragen beantworten, Organisation, Koordination. Diese Arbeiten nehmen einen Großteil des Tages ein. Das Stricken und Schreiben der Anleitungen ist dann eher das Sahnehäubchen und lässt sich auch nicht wirklich planen (bei mir zumindest nicht). Das mache ich vor allem abends und nachts, wenn etwas Ruhe ist, und mein Kopf frei und offen für Entwicklungen. Das sind dann die schönsten Momente 🙂

Gibt es einen besonderen Liebling unter Deinen eigenen Strickanleitungen?

Ja, die “Naima”, eine klassische Winterjacke, mag ich sehr. Ich habe sie in 3 Variationen gestrickt, weil ich nicht genug bekommen konnte. Der “Whippet” ist ein Allrounder – Die lange Whippet-Version trage ich das ganze Jahr. Aber ich habe für meine Mutter auch eine Winterversion gestrickt, die ich sehr mag. Und am schönsten finde ich immernoch den “Friday again (anew)”. Er erfüllt alle meine Ansprüche an ein schlichtes klassisches Design, mit Strick-
und Tragespaß.

Aber das allerschönste Stück ist immer das nächste!!!!

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Links der elegante Pullover Boe und rechts der Friday anew, eine neuere Version des Friday again

Vielen Dank für Deinen Besuch, Anke!

Mehr ANKESTRiCK gibt es auf Ravelry und Instagram!

Wer Lust hat, findet meine Beiträge zum Whippet Cardigan hier und hier. Ich stricke Whippet mit dem Merino-Kaschmir-Garn “Milano” und den Feinstricknadeln von Addi, macht doch noch mit!

Heute begrüße ich Meike von Crafteln und freue mich sehr, dass sie mir ein paar Fragen über das Nähen und Stricken beantwortet hat. Meike ist Euch bestimmt schon das ein oder andere Mal über den Weg gelaufen. Sei es durch Ihren Blog, oder den Me Made Mittwoch, oder vielleicht habt Ihr sie auch gemeinsam mit Guido Maria Kretschmer und  ihren Co-Kandidaten in der Sendung “Geschickt eingefädelt” nähen, leiden und sich freuen gesehen. Ich war neugierig und wollte mehr erfahren über die Frau, deren Kleiderschrank reich bestückt mit selbstgenähter und -gestrickter Kleidung ist!

Interview-Crafteln-Meike-Rensch-BergnerBildquelle: Anne Koch

Hallo Meike, wie schön, dass Du mich heute besuchst. Wir kennen uns ja schon ein ganzes Weilchen aus Zeiten in denen wir weder über das Nähen noch über das Stricken gebloggt haben. Erzähl doch mal wie es Dich gepackt hat. Wie kam es dazu, dass Du mittlerweile einen bekannten Näh-Blog schreibst und sogar bei „Geschickt eingefädelt“ vor der Kamera standest?

Ich freue mich über die Einladung, liebe Marisa. Ja, wir kennen uns schon ewig. Umso schöner, dass wir uns über das Thema DIY und Bloggen wieder näher gekommen sind.

Dinge selbst zu machen, gehört schon immer zu meinem Leben dazu. Schon als Jugendliche habe ich gestrickt, gehäkelt und auch genäht. Obwohl ich das immer gemacht habe, hat es erst nachdem ich ein Kind bekommen habe, einen besonderen Stellenwert in meinem Leben bekommen. Wie viele Mütter begann ich (wieder) mit dem Nähen und war auf einmal vom Näh-Virus infiziert. Ich entdeckte, dass das Nähen meiner Kleidung viel mehr verändert, als nur meine äußere Erscheinung. Diese Entwicklung wollte ich auf dem Blog festhalten und zwar nicht nur in schicken Bildern, sondern auch in Texten, die zum Nachdenken anregen.

Nachdem ich schon einige Bücher über andere Themen veröffentlicht hatte, war es mein Traum, auch über das Kleidernähen ein Buch zu schreiben. Die Teilnahme an der Fernsehsendung half mir, meinen Traum zu verwirklichen – im November 2015 erschien „Nählust statt Shoppingfrust“. Geschrieben habe ich es für „Frauen mit Figurproblemen“ – wer ist das nicht?! Statt am eigenen Körper herumuzukritteln, empfinde ich es weitaus befriedigender, sich schöne Kleidung zu nähen. Nicht unser Körper ist minderwertig, sondern vieles, was wir in den Läden finden. Deswegen ist es ein großer Schub für das Selbstbewusstsein, selbstgemachte Kleidung zu tragen und sich darin schön zu finden. So schwer ist das gar nicht. Das können alle lernen, egal, ob sie noch nie genäht haben oder sich an Erwachsenenkleidung noch nicht herangetraut haben, obwohl sie bereits tolle Sofakissen und Kinderkleidung nähen. Mit meinem Buch nehme ich die Bekleidungs-Näh-Novizinnen an die Hand und begleite sie bei ihren ersten Schritten.

Nählust-statt-shoppingfrust-buch

Dein Blog hat ja einen Namen, der im Grunde das ganze Spektrum „Selbermachen“ abdecken könnte. Wie kam es zu Deinem Blognamen, wofür steht er?

Crafteln ist ein Kunstwort, das sich von dem englischem Begriff „crafting“ ableitet. Da ich kein schickes deutsches Wort für Handarbeiten oder Selbermachen fand, nutze ich einfach dieses erfundene neue Wort. Ich finde das charmant, DIY eben.

Ich blogge hauptsächlich über das Nähen und Stricken, aber ich liebe es auch Brot zu backen oder andere Dinge selber zu machen. Der Unterschied ist vielleicht, dass ich mich bei der Herstellung meiner Kleidung stärker mit meinem Körper auseinander setze. Das Herstellen von Bekleidung ist „näher an mir dran“, deswegen lädt es mich mehr zum Reflektieren und Bloggen ein.

In letzter Zeit strickst Du auch wieder häufiger, oder tust Du das eigentlich ohnehin immer parallel? Kannst Du ein wenig mehr darüber erzählen was für Dich die Unterschiede beim Stricken und Nähen sind und warum Du eigentlich eher dem Nähen verfallen bist?

Stricken und Nähen gehört für mich zusammen. Wer Kleider und Röcke trägt, braucht auch Strickjäckchen. Beides fällt für mich unter mein Lieblingsthema „Bekleidung selbst herstellen“ und unterscheidet sich nur durch die Verwendung unterschiedlicher Herstellungstechniken.

Handarbeiten mit Wolle mache ich, wenn ich gerade viele Situationen in meinem Leben habe, bei denen ich rumsitzen muss und geistig nicht voll ausgelastet bin. Ich handarbeite, wenn es zum Lesen zu laut ist. Es ist mir ein Graus, reglos dazusitzen und einen Film anzuschauen oder bei einem Fußballspiel zu sitzen. Wenn sich dabei meine Hände bewegen und etwas entsteht, an dem ich Freude habe, ist die Zeit viel sinnvoller genutzt.

Strickjacke-Crafteln

Ich stricke oder häkele neben Strickjäckchen hauptsächlich Accessoires. Diese zu besitzen ist ein schöner Luxus, aber keine Notwendigkeit. Während ich über die Wintermonate mehrere Kleider brauche, denn hin und wieder muss auch das schönste Kleid in die Wäsche, würde eigentlich ein Schal reichen. Da ich eine Kleidergröße trage, für die es in den Läden nicht so viel Schönes zu kaufen gibt, bestand für mich lange Zeit eine sehr dringliche Notwendigkeit, mir Kleidung nach meinen Vorstellungen zu nähen.

Crafteln-Tuch-Stephen-West
Lieblingstuch “Smooth” von Stephen West

Für mich gibt es zwei Arten des Handarbeitens: Die erste Variante ist das Stricken von Schals oder das Häkeln einer Sofadecke. Diese Dinge fertige ich blind beziehungsweise mit geringer Konzentration. Ich mag schwierige Muster, aber sie müssen eine gewisse Logik haben, so dass sie mich nach einer Weile gedanklich nicht überfordern. Dieses Nebenher-Handarbeiten empfinde ich als wohltuende Zeit-Zweit-Nutzung bei langweiligen Tätigkeiten.

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Lieblingslingsstrickjacke nach einer “gehackten” Anleitung

Dann gibt es noch die andere Art des Stricken, die dem Nähen sehr ähnlich ist: passformgenaues Stricken. Wenn ich eine Strickjacke stricke, dann wird diese auf Figur gestrickt, mit Abnähern, um eine gute Passform im Brustbereich zu haben, gut passenden Ärmeln, Taillierung und und und. Ich habe darüber mal eine ausführliche Serie zum Frühlingsjäckchen Knit Along 2014 auf dem Me Made Mittwoch Blog geschrieben. Wenn ich so eine Jacke stricke, dann brauche ich eine ordentliche Menge an Gehirnschmalz, um das Kleidungsstück so umzusetzen, wie ich es mir vorstelle. Ich erstelle mir während des Strickens meine eigene Anleitung. So ein gestricktes Kleidungsstück stricke ich nicht so nebenbei. Es braucht zwischendurch immer wieder konzentrierte Zeitfenster, in denen ich weiter denke.

Aktuell schreibst Du eine Serie über das Thema Schnittmuster anpassen. Das klingt für mich wahnsinnig aufwendig. Also beides, das Anpassen aber auch die Serie darüber. Wie kam es zu dieser Idee und welche Themen deckst Du da konkret ab?

Da ich gerne Kleidungsstücke trage, für die es in meiner Kleidergröße keine oder nur wenige Schnittmuster gibt, beschäftige ich mich schon länger damit zu lernen, wie frau Schnitte vergrößert und anpasst. Nach der Fernsehsendung und dem Erfolg meines Buches „Nählust statt Shoppingfrust“ war klar, dass es viele Frauen gibt, die auch gerne ihren „Kopfkleiderschrank“, also die Kleidung von der sie träumen, verwirklichen wollen und dass ihnen das Know-How dafür fehlt.

Kandidatin Meike Rensch-Bergner

Bildquelle: VOX/Andreas Friese

Auf dem deutschen Markt gibt es meines Wissens kein Buch, in dem das alles drin steht, was ich mir aus verschiedenen Büchern zusammen gelesen habe. Außerdem sind diese Bücher für viele Menschen abschreckend: alles klingt so kompliziert und wissenschaftlich. Mein Ansatz ist es, den Menschen Mut zu machen, es einfach mal zu versuchen. Natürlich ist es alles nicht einfach, aber wir lernen es nur, wenn wir es probieren. Einfach anfangen, ist mein Credo. Wer einmal damit begonnen hat, Schnittmuster zu „hacken“ und sie auf die eigenen Bedürfnisse anzupassen, der muß nicht mehr an sich und dem eigenen Körper zweifeln, nur weil dieser nicht der vielgepriesenen Normfigur entspricht. Statt sich selbst minderwertig zu fühlen, dürfen wir uns durchaus darüber aufregen, warum es zum Teufel kein passendes Schnittmuster gibt. Das tolle an DIY ist doch: wenn es etwas nicht gibt, dann machen wir es uns selbst!

Genauso wie mit meinem Buch versuche ich mit der Blog-Serie den Menschen Mut zu machen, ihr Leben in die Hand zu nehmen und Dinge passend zu machen, statt zu jammern, dass es für sie nichts Passendes gibt. Die Serie ist also eine logische Fortsetzung von „Nählust statt Shoppingfrust“ – dass meine Posts den Menschen gefallen und helfen, motiviert mich, weiter zu machen.

Ist denn schon ein neues Buch in Arbeit?

In den letzten Monaten habe ich neben der Blogserie zu den Schnittmuster Anpassungen verschiedene Workshops entwickelt, um mein Wissen weiter zu geben. Da blieb erstmal keine Zeit, ein weiteres Buch zu schreiben. Ein Buch ist ein größeres Projekt, das von der Idee bis zum Verkauf viele Monate braucht. Im Moment habe ich so viele Ideen, die schneller raus wollen und für die mir auch schnelles Feedback meiner Blogleserinnen wichtig ist. Es wäre natürlich ganz wunderbar, wenn aus diesen vielen einzelnen Projekten ein neues Buch entstehen würde.

Du hast Dir neulich intensiv Gedanken darüber gemacht, wieviel ein Stoff kosten darf oder sollte. Wie geht es Dir denn da beim Thema Wolle? Welches sind Deine liebsten Materialien, was geht gar nicht und worauf achtest Du sonst beim Kauf von Wolle?

Ich stricke mit günstiger Wolle. Ehrlich gesagt betrete ich öfters ganz ehrfürchtig schöne Wolläden, zucke zusammen, wenn ich angesprochen werde und schleiche mich ganz schnell wieder raus. Ich empfinde es als sinnliches Vergnügen, mir vorzustellen, wie schön es wäre, ganz zartes, hochwertiges, flauschiges Garn zu verstricken und bestelle dann doch wieder Baby Merino im Sale bei dem Laden mit den grünen Kartons, weil Preis-Leistungs-Verhältnis für mich stimmt. Manchmal wünsche ich mir, mir mehr Luxus zu gönnen, denn immerhin ist frau mit einem Strickstück doch eine ganze Zeit intensiv beschäftigt, aber dann bin ich doch fast immer zu geizig für teures Material.

Crafteln-Stricken
Aktuelle Strick-Projekte, gezeigt auf Instagram

Worauf ich beim Kauf achte? Ich stricke am liebsten mit dünner Nadelstärke (2,5er Nadeln), weil mir Strickjacken sonst zu warm werden. Das heißt, ich schaue in der Sockenstrickgarnecke und versuche dort Material zu finden, dass noch ein bisschen schicker ist, als ganz schnödes Sockengarn. Und wenn Seide drauf steht, werde ich ohnehin willenlos…

Gibt es ein absolutes Lieblingsteil unter Deinen selbstgenähten und -gestrickten Outfits?

Bei den genähten Sachen ist mein Lieblingsteil schon lange mein erstes Jackett, das zusammen mit einem Tellerock, ein wunderschönes Kostüm ergibt. Als ich dieses nähte, hatte ich das Gefühl, ab sofort quasi alle Lebenslagen mit meinen Nähfähigkeiten abdecken zu können und auch zu offiziellen Anlässen in der Lage zu sein, mich selbstbestimmt einzukleiden. Bei den Stricksachen sind das erste passformgenaue Strickjäckchen nach „gehackter Anleitung“ und das zuletzt fertig gestellte Tuch aus „Babykamelflausch“ meine Lieblingsstücke.

Lieblings-Outfit-Crafteln

Zu guter letzt: Was bedeutet Dir das Bloggen?

Bloggen ist für mich eine gute Möglichkeit dreiviertelfertige Gedanken in Worte zu fassen und dafür dann postwendend Feedback zu bekommen, so dass der Gedanke weiter reifen kann. Ich liebe es außerdem, wie sich bestimmte Themen ungeplant von Blog zu Blog weiterspinnen und gemeinsam gelernt wird. Verlinkungen und Vernetzungen sind mir sehr wichtig, deswegen engagiere ich mich ehrenamtlich im Team, das den Me Made Mittwoch organisiert (einer wöchentlichen Verlinkungsplattform, auf der sich Menschen in ihrer selbstgemachten Kleidung zeigen).

Ich halte es für sehr wichtig, dass Menschen die Kraft, die dem Bloggen innewohnt verstehen. Statt nur Zeitschriften zu konsumieren und dabei unbewusst, deren Ideale zu übernehmen, haben wir durch Bloggen die Definitionsmacht. Ohne, wie zum Beispiel bei einer Buchveröffentlichung, von einem Türsteher, also dem Verlag, auserwählt zu sein, zeigen wir uns in unserem Blog, einfach das, was uns wichtig ist. Wir schreiben in der Ich-Form und werden persönlich. Wir zeigen uns so, wie wir gesehen werden wollen. Damit schaffen wir kollektiv ein Frauenbild nach unserem Geschmack und entwickeln eine neue Art des Selbstbewusstseins – und das alles, obwohl wir vordergründig „nur“ über unser Hobby berichten. Ich sehe Bloggen deswegen als große Chance und halte darüber auch gerne Vorträge. Wer möchte, kann mich über dieses Thema am 3.5. bei der GLS Bank in Berlin sprechen hören oder meinen Vortrag vom letzten Jahr auf YouTube ansehen. Ich werde einfach nicht müde darin, meine Begeisterung über das Bloggen und das Nähen von Bekleidung mitzuteilen. Deswegen das Motto meines Blogs: „Nähen macht Spass. Kleidung nähen macht glücklich!“

Vielen Dank für Deinen Besuch, Meike!

 

Ihr findet Meike auf Ihrem Blog www.crafteln.de oder auch auf Instagram (@fraucrafteln), Twitter (@FrauCrafteln) und Facebook.

Stirnbänder sind schon seit längerem wieder total IN. Mich hat das Stirnbandfieber bereits letzten Winter durch Susanne vom schönen Strick-Label Paula_m gepackt. Mal eben schnell ein einfaches Stirnband stricken. Geht super schnell und eignet sich auch hervorragend als kleines Mitbringsel oder Geschenk. Susanne strickt wunderschöne Mützen und Stirnbänder, vorletztes Jahr hatte ich sie hier im Blog als eine meiner ersten Interviewpartner zu Besuch.

Strickanleitung für ein Stirnband

Heute erklärt Susanne Euch, wie Ihr ein schnelles und simples Stirnband in kraus rechts oder auch glatt rechts einfach selber stricken könnt. Weitere schöne Stirnbänder findet Ihr als Strick-Kits hier bei den Accessoires.

Für beide Stirnbänder gilt:

  • Größe: passend für einen Kopfumfang von 56-58cm und ca. 10,5 bis 11 cm breit. In glatt rechts rollt sich das Stirnband ein wenig ein, Ihr müsst es auf dem Kopf schön breit ziehen, dann gibt sich das.
  • Garn: 1 Knäuel Lamana Nazca (40% Alpaka, 40% Merino, 20% Polyamid), 50m/50g
  • Nadeln: Stricknadeln Stärke 8mm für das glatt rechts Stirnband bzw. 7mm für das kraus rechts Stirnband. Ausserdem benötigt Ihr eine Zopf- oder Hilfsnadel (eine übrige Nadel aus dem Nadelspiel genügt) sowie eine Vernähnadel.
  • Maschenprobe: glatt rechts 13Mx17R = 10x10cm und kraus rechts 16Mx16R = 10x10cm

Anleitung Stirnband stricken

Stirnband stricken – Anleitung für kraus rechts

16 Maschen mit Nd 7 anschlagen, Randmasche immer links stricken (= links gestrickter Knötchenrand). 50 Reihen kraus rechts stricken (= Hinreihe und Rückreihe rechts). In der 51. Reihe (= Hinreihe) die ersten 8 Maschen auf eine Hilfsnadel hinter die Arbeit legen, 8 Maschen rechts stricken, dann die 8 Maschen der Hilfsnadel rechts stricken – es ergibt sich ein Twist.

Nach dem Twist nochmals 50 Reihen kraus rechts stricken, in der 51. Reihe die Maschen im Muster rechts abketten. Faden abschneiden (ca. 20 cm) und die Naht im Maschenstich schließen, Fäden vernähen.

Stirnband stricken – Anleitung für glatt rechts

20 Maschen mit Nd 8 anschlagen, Randmasche immer rechts stricken (= rechts gestrickter Knötchenrand). 38 Reihen glatt rechts stricken (= Hinreihe rechts, Rückreihe links), mit einer Hinreihe beginnen. In der 39. Reihe (= Hinreihe) die ersten 10 Maschen auf eine Hilfsnadel hinter die Arbeit legen, 10 Maschen rechts stricken, dann die 10 Maschen der Hilfsnadel rechts stricken – es ergibt sich ein Twist.

Nach dem Twist nochmals 36 Reihen glatt rechts stricken, in der 37. Reihe (= Rückreihe) die Maschen im Muster links abketten. Faden abschneiden (ca. 20 cm) und die Naht im Maschenstich schließen, Fäden vernähen

TIPP: Das Stirnband während des Strickens ab und zu um den Kopf legen, so kann es individuell angepasst werden. Je nach Kopfumfang einfach mehr oder weniger Reihen stricken.

Anleitung stricken Stirnband

Ihr findet Susanne auf Instagram und einige Ihrer Stirnbänder als Strick-Kits hier im Shop.

Vielen Dank für die schöne Anleitung!

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Heute möchte ich Euch Jule von Hey Mama Wolf vorstellen, die seit kurzem Ihre handgefärbten Garne in ihrem Etsy Shop Hey Mama Wolf Yarns anbietet. Ihre Garne sind sehr besonders. Sie werden aus der Wolle von Schafen hergestellt, die die Heiden, Deiche und Wiesen in Ost- und Norddeutschland abweiden. Nachdem die Wolle in Tschechien versponnen wurde, wird sie von Jule mit Pflanzenfarben und Pflanzenfarbextrakten handgefärbt. Größtenteils verwendet sie dabei selbst gesammeltes oder biologisch angebautes Pflanzenmaterial.

Ich folge Jule schon seit langer Zeit auf Instagram und habe gespannt auf die Eröffnung ihres Shops gewartet. Nun ist es so weit und ich wollte genauer erfahren wie sie überhaupt zu dem kam, was sie heute tut. Das Lesen ihrer Antworten hat mich so begeistert, dass ich am liebsten einmal beim Färben dabei wäre. Es ist ein unglaublich spannendes Feld und ich wünsche Euch nun viel Spaß beim Eintauchen in diese Welt.

Interview Hey Mama Wolf

Deine Reise zu den Hey Mama Wolf Yarns beginnt eigentlich beim Stricken, denn neben Deinem Unternehmen für handgefärbte Garne bist Du auch leidenschaftliche Strickerin. Wie kamst Du überhaupt zum Stricken?

Die ersten Maschen habe ich mit ca. 10 Jahren gemacht. Meine Großtante nahm mich beiseite und meinte – „Kind, du musst stricken lernen.“ Und ab da strickte ich hauptsächlich für meine Puppen. Richtig stricken gelernt habe ich später bei Bella, einer russischen Einwanderin, in Tel Aviv am Shenkar College. Bella kann alles und brachte uns sehr viel bei. Bei Ihr habe ich Socken stricken quasi auf Universitätsniveau gelernt. Zurück in Berlin lernte ich Tanja Lay von handmade Berlin kennen, die gerade ihren Laden eröffnete. Sie suchte jemanden für Strickkurse. Dort und jetzt im Wollen Berlin biete ich Strickkurse an. Ich würde sagen, durch die Kurse und die wunderbaren Teilnehmerinnen (3 Männer in 8 Jahren!) habe ich tatsächlich am meisten über das Stricken gelernt.

Regionale Wolle

Das Stricken war also auch während Deines Studiums in Textil- und Flächendesign immer Allgegenwärtig?

Ich habe zum Anfang meiner Studienzeit gegenüber der Fadeninsel in Berlin-Kreuzberg gewohnt und war dort Stammkundin (sehr viel später, habe ich dort sogar im Verkauf gearbeitet). Ich habe vor allem in den Kunstgeschichtsvorlesungen gestrickt. Es war stickig und dunkel, der Projektor brummte und das Stricken hat mich wach gehalten.

Im letzten Jahr meines Studiums wurden wir im Betriebswirtschaftsseminar gebeten eine Art Businessplan für das eigene Unternehmen zu schreiben. Ich wusste nicht, wie es aussehen sollte, mein Unternehmen. Aber ich wusste sehr klar, es muss Stricken in der einen oder anderen Weise beinhalten. Der Prof fand das allerdings gar nicht so klar.

Wolle aus Deutschland

Wie kam es dann zur Gründung Deines Labels Hey Mama Wolf? Und wie kam es, dass das Stricken im weitesten Sinne tatsächlich zu Deinem Beruf wurde?

Nach dem Studium wurde ich prompt schwanger. Ich hatte einen kleinen Blog, wo ich hauptsächlich meine Kurse anbot. Und darüber fanden mich wieder und wieder kleine Modedesignerinnen und Kostümbildnerinnen. Als meine Tochter erst 4 Monate alt war, fing ich an Modellanfertigungen zu machen. Es ließ sich wunderbar in den Alltag mit einem Säugling integrieren. Entweder ich führte einen Entwurf aus oder ich entwarf die Strickstücke passend zur Kollektion. Zu meinen bekanntesten Kundinnen gehörte Sarah Illenberger. Zu Anfang fertigte ich die Modelle noch selbst. Nach und nach wurde die Auftragslage so gut, dass ich dazu nicht mehr kam. Einige Strickerinnen erledigten das für mich mit bravour. Zu meinen prominentesten Strickstücken zählen die, die in den Filmen „Cloud Atlas“ und „Der Medicus“ im Kino zu sehen waren. Das war eine wunderbare und spannende Arbeit, die ich sehr gerne gemacht habe.

Garne mit Pflanzen färben

War es dann ein logischer Schritt, dass Du vom Handstricken zum Spinnen und Färben kamst und Dir Dein Material quasi nun selber herstellst?

Ich beschäftigte mich immer mehr mit der Technik des Strickens und Häkelns. Ich wollte in die Tiefe gehen und so kam ich dazu, spinnen zu lernen und mehr über die verschiedenen natürlichen Materialien  zu erfahren. Wochenlang vertiefte ich mich in Bücher über das Material Wolle. Sie ist faszinierend, kann ich nur sagen. Mit einer Freundin begann ich ein Kindermodelabel für Strick zu planen. Die verwendete Wolle sollte regional und ökologisch produziert sein. Möglichst in Deutschland. Wir haben nichts gefunden, dass unseren Ansprüchen genügte und für Kindermode einsetzbar war. Über diese Suche kam ich zu der Idee, diese Wolle selber herzustellen.

faerberknoeterich

Das Spinnen ist ja das eine. Du färbst Deine Fasern ausserdem selbst. Wie kam es denn dazu?

Über das Färben hatte ich mir bis dahin noch gar keine Gedanken gemacht. Zwei Freundinnen sprachen mich unabhängig voneinander darauf an, ob ich mich mit Pflanzenfarben auskenne. Einmal mit dem Färben angefangen, konnte ich nicht mehr aufhören und es war gut, dass ich mich an diesem Punkt so gut mit der Faser auskannte. Es ist erstaunlich, wie diese strahlenden Farben aus teilweise sehr auf den ersten Augenschein unspektakulär aussehenden Pflanzen entstehen. Ich kannte mich auch vorher schon gut mit Kräutern, Bäumen und Blumen aus und so war das Färben mit Pflanzen ein Schritt, in dem sich alles zusammenfügte.

Garne selber färben

Kannst Du uns ein wenig mehr über die pflanzlichen Farben erzählen? Was sind ihre Vorteile gegenüber chemischen Farben?

Pflanzenfarben sind tiefer gehend als chemische Farben, die aus Mineralöl gewonnen werden. Sie verändern sich sehr viel stärker mit den sich verändernden Lichtverhältnissen. Sie sind auch unberechenbarer. Der Standort der Pflanze, die Bodenverhältnisse und das Wetter in dem Jahr haben Einfluss auf das Färbeergebnis. Genauso das verwendete Wasser, die Wetterverhältnisse und die Töpfe in denen gefärbt wird. Das macht es spannend und so kann kein Ergebnis gleich sein und jede Färberin hat ihre Handschrift.

Wie genau funktioniert denn das Färben mit Pflanzen? Erzählst Du uns ein wenig genauer wie das abläuft?

Was besonders spannend beim Arbeiten mit natürlich Materialien ist, ist dass das Ergebnis immer von vielen, vielen Faktoren abhängt. Bei der Wolle wie bei den Pflanzen. Wie war das Wetter in dem Jahr und an dem Tag, wie alt ist Pflanze, zu welcher Jahreszeit wird gesammelt, wie ist die Bodenbeschaffenheit, etc. pp. Gleiches gilt für das Färben an sich. Benutze ich getrocknetes oder frisches Material, ist es ein Emaille oder ein Kupfertopf, färbe ich kalt und mit viel Zeit oder heiß, wie ist das Wetter am Färbetag, usw.

Zuerst wird das Pflanzenmaterial geerntet oder gesammelt und anschließend in Wasser eingeweicht. Blüten werden teilweise nur mit heißem Wasser übergossen, Baumrinden dagegen können einige Tage brauchen. Meist wird das Ganze noch gekocht und dann durch ein Tuch abgeseiht. Dies nennt sich dann die Flotte. Die Wolle muss meistens auch für das Färben vorbereitet werden, das sogenannte Beizen. Das zu färbende Material (das Färbegut) wird mit der Beize zum Sieden gebracht und dann ca. 1 Stunde so gehalten. Das gebeizte und ausgespülte Färbegut kommt später in die abgekühlte Flotte und wird wieder bist zu einem bestimmten Punkt erwärmt. Nach einer Weile abtropfen und trocknen lassen und fertig ist die gefärbte Wolle.

Ein konkretes Beispiel: Der Bioladen bei mir um die Ecke hat öfter Mal Möhrengrün abzugeben. Ich weiche es über Nacht ein und koche es am nächsten Tag aus. Währenddessen beize ich die Wolle. Die Möhrengrünflotte seihe ich durch ein Mulltuch ab, wasche die Wolle aus und warte, bis die Flotte wieder max. 40 °C hat. Dann füge ich die Wolle hinzu und erhitze das ganze wieder.

In dem nächsten Makerist-Magazin, das im Januar erscheint, zeige ich Schritt für Schritt wie mit schwarzen Bohnen gefärbt werden kann.

Garne-selber-färben

Woher beziehst Du die Wolle zum Färben?

Die Wolle kommt aus deutschen Betrieben. Zumeist sind es Kleinstschafhaltungen. Es würde sich für diese Schäfer nicht lohnen, sich zertifizieren zu lassen. Mein zweites Garn ist eine zertifizierte Bio-Wolle. Mein Ziel ist es über kurz oder lang noch ein weiteres Bio-Garn anbieten zu können, das von Betrieben kommt, die ich persönlich ausgewählt habe. So könnte ich meinen Kundinnen klar vermitteln, wo ihr Strickgarn herkommt.

Du hast Dich bewusst für Wolle von deutschen Schafen entschieden. Warum?

Genau so wie ich gern die Geschichte, wie es zu eine bestimmten Farbe gekommen ist erzähle, ist es mir auch bei der Wolle in erster Linie wichtig, was sie mir erzählen kann und nicht, ob sie besonders weich ist. Ich mag die kräftigeren Wollen meist lieber. Sie haben einen anderen Stand und nehmen die Farben ganz anders auf, da sie einen höheren Glanz haben. Und so ist mein eines Garn ein recht robustes. Diese Wolle brauchen die Norddeutschen Schafe einfach auch um das Klima zu vertragen. Das Biogarn ist etwas weicher, aber dennoch mit Charakter.

Die Dinge, die um uns herum wachsen, sind es meist, die uns Gutes tun. Und so kann ich es nicht verstehen, warum wir Wolle kaufen, die dreimal um den Globus geschickt werden muss, um bei uns anzukommen. Die Schafe stehen in Australien, werden teilweise miserabel gehalten. Die Wolle wird dann nach Asien verschifft um dort gesäubert, versponnen und gefärbt zu werden. Geknäuelt wird dann oft irgendwo in Europa, damit sie dann zu günstigsten Preisen in unsere Taschen wandern. Welch eine Verschwendung von fossiler Energie! Wenn ich Wolle kaufe, dann gerne welche, die dort produziert wurde, wo ich sie kaufe. Dann weiß ich genau, sie kommt vielleicht eine lange Strecke zu mir, hat aber vorher nicht schon eine Weltreise gemacht.

Garne von Hey Mama Wolf

Was hast Du für Pläne für die Zukunft von Hey Mama Wolf?

Demnächst werden meine Familie und ich raus aufs Dorf nach Brandenburg ziehen, dort habe ich Platz für eine ordentliche Werkstatt. Ich möchte meine Färberpflanzen selber anbauen und die Möglichkeit haben, das verwendete Pflanzenmaterial über den Kompost wieder dem Kreislauf zuzuführen. Das ist hier in Berlin nur bedingt möglich. Ich möchte im Herbst vor die Türe gehen und nach einem Sturm heruntergefallene Äste und Eicheln zum Färben sammeln können.

Wir möchten in allen Teilbereichen unseres Unternehmens höchste ökologische Maßstäbe ansetzen. Sei es das Papier und die Druckfarben der Anleitungen, das Verpackungsmaterial und die Banderolen für die Knäule, mechanische Waagen statt batteriebetriebener, ein grüner Webhost oder Strom aus regenerativen Quellen. Das klappt nicht alles gleich und sofort, aber wir geben unser Bestes um zum besten Ergebnis zu kommen. Wir sind offen für neue Ideen, was die Nachhaltigkeit unseres Unternehmens betrifft.

Vielen Dank für Deine Antworten, Jule.

Ihr findet Jule…
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… auf Instagram
… in ihrem Etsy Shop

Alle Fotos wurden mir für diesen Artikel von Hey Mama Wolf zur Verfügung gestellt. 

Ich freue mich seit Tagen auf dieses Interview mit Kathrin zum Thema Spinnen. Wenn Ihr den heutigen Text lest (es ist ein langer Text, macht es Euch gemütlich), dann spürt Ihr die unglaubliche Leidenschaft, mit der sie Ihre Handspinnerei-Werkstatt Back to the wheel betreibt. Es ist absolut faszinierend, in diese Welt einzutauchen, die uns Strickern in gewisser Weise vor verlagert ist.

Ursprünglich Kunst-Historikerin, sanierte Kathrin ein altes Industrie-Gebäude aus dem 19. Jahrhundert und funktionierte es zu ihrer Werkstatt in der Nähe von Bamberg um. Dort stellt sie nun wunderschöne Garne her und verkauft diese unter in ihrem gleichnamigen DaWanda-Shop.

Das Thema Spinnen ist für mich bislang ein Buch mit sieben Siegeln und gerade im Zusammenhang mit meinem Brooklyn Tweed Knit Along und der speziellen Beschaffenheit der Brooklyn Tweed Garne schwirrte mir der Kopf vor lauter Fragen. Ich wollte mehr über das Spinnen und erfahren und habe Kathrin interviewed. Lest heute Ihre Antworten über das Spinnen ganz im Allgemeinen. In einigen Tagen werden wir dann ganz spezifisch auf die Brooklyn Tweed Garne eingehen, sie hat nämlich fleißig für uns recherchiert. Und nun viel Spaß beim Eintauchen in die Welt eines Alten Handwerks:

Interview back to the wheel

Kathrin, wie bist Du zum Spinnen gekommen und was fasziniert Dich daran?

Ich hatte nach meinem Studium kurz Leerlauf und bin irgendwie auf ein Youtube-Video gestoßen. Ich habe einen Fabel für altes Handwerk, wie man früher gelebt und gewirtschaftet hat. Und da war dann dieses Video und ich war plötzlich angefixt. Ich kaufte mir eine dieser Anfängerspindeln und legte sie nicht mehr aus der Hand. Und es funktionierte sofort. Ich war wie hypnotisiert, als der Faden immer länger wurde. Es war wie ein Flashback in eine unbekannte frühere Zeit, als das eine normale Tätigkeit von Frauen war. Das war wohl das faszinierende daran, das ich Teil von einer Kette wurde. Das war völlig abgefahren. Und noch heute ist es immer wie ein Rückzug in die Zeitlosigkeit, wenn mir heute alles zu laut und zu schnell wird, setzte ich mich ans Rad und bin weg.

Kardieren und Spinnen

Kannst Du uns Laien erst einmal erzählen was es für grundsätzliche Unterschiede in Techniken gibt? Also so die gröbsten Unterscheidungen? Und was davon machst Du?

Die Techniken sind so unterschiedlich wie die Fasern. Ich als Spinner gehe immer von der Faser aus.
Es gibt pflanzliche Fasern, tierische Fasern, kurze und lange, glatte und krause usw. Alle verhalten sich beim Spinnen anders. Und danach richten sich die Techniken und es kommen unterschiedlich gebaute Garne dabei heraus. Manche Fasern lassen einem mehr Spielraum, andere weniger.

Nehmen wir Baumwolle: Vielleicht hast du schon bemerkt, dass alle dickeren Baumwollgarne aus vielen kleinen Einzelfäden bestehen. Es gibt keine dickeren Singlegarne, also aus einem einzigen dicken Faden bestehend. Es ist nicht möglich, weil Baumwolle sehr kurze Fasern hat. Die müssen mit sehr viel Drall zu dünnen Fäden verdreht werden, sonst reißt der Faden. Dafür braucht man auch besondere Einstellungen am Spinnrad. Die dünnen Fäden werden dann zu dickeren zusammengefasst.

Die Stricker werden das Thema aber eher vom Garn aussehen. Hier kann man grob Typen unterteilen: Zwirne, Singlegarne, Lacegarne, Bouclé… Das sind alles Garne, die nach dem Aufbau unterschieden werden und gehören zu den traditionellen Garnen. Streichgarn und Kammgarn sind auch traditionelle Garne, werden aber nach der Verarbeitungstechniken der Fasern und unterschiedlicher Spinntechnik unterschieden.

Anmerkung: Im Blog von Kathrin findet Ihr einen weiterführenden Artikel über den Vergleich von Kammzug und Vlies.

Handspinnen Singlelace Corespun

Verlaufgarne werden durch den Farbeffekt gekennzeichnet, könnten aber alles andere auch sein: Lacegarn, Zwirn, Corespun etc.

Traditionelle Garne sind natürlich auch schön, aber in erster Linie für eine bestimmtes Strickgenre gemacht: Lace zB. Socken, Aranstrickerei etc.

Dann gibt es die Effektgarne. Diese Sparte grenzt jeder anders ein. Dazu gehört alles was einen Effekt in das Strickstück bringt. Sprich: Das Garn selbst spielt eine größere Rolle, neben Schnitt und Muster des Strickstückes. Die Textur, also z.B. Locken, Bouclé, Mohair, oder irgendwelche Objekte wie Perlen, Spiralverzwirnung etc. Aber auch die Farbe, wie Melierungen, Verläufe, Fraktalspining, Farbspots oder einfach die Faseranordnung an der Oberfläche. Diese Garne können meist nicht mit jeden Muster gestrickt werden. Dick&Dünn kombiniert mit Aranmuster – das wäre etwas komisch. Die Effektgarne sind nicht so zurückhaltend, wie traditionelle Garn.

Zuletzt gibt es noch die Artyarns. Sie sind meistens Garne, die überhaupt nicht für den Stricker gemacht sind. Sie werden gesponnen, des Spinnens willen, damit sie einfach schön aus sehen und vielleicht für Kunstprojekte à la Lexi Boeger  oder als Hingucker in größeren Strickprojekten. Extreme Lockengarne, Garne mit Loops, Behives, Franzen, eingesponnen Objekten und sonstigen Extravanzien. Diese Garne machen wohl dem Stricker das Leben schwer.

Trashvlied-trashsupercoils-spinnen

Was für Fasern verspinnst Du hauptsächlich und warum?

Für mich als Spinner waren die Artyarns tatsächlich der Reiz, das Spinnen zu lernen.
Ich hatte ja damals nicht viel mit Stricken am Hut, als ich das Spinnen begann. Ich fand es einfach mega kreativ solche Garne zu machen und sie benötigen, auch wenn Sie so zufällig aussehen, eine gute Konstruktion. Doch irgendwann stellte sich die Frage, was ich mit den ganzen Garnen machen sollte.
Ich wollte dann wissen, warum die Stricker ihre liebe Müh und Not mit den Garnen haben und wie ich einen Kompromiss zwischen Effekt und Strickkomfort finden kann.
Heute spinne ich daher moderate Effektgarne, die kein aufwendiges Muster vertragen. Sie sind an Einsteiger gerichtet, die erstmal nur gerade aus stricken, aber durch das Garn trotzdem einen Effekt haben. So wird das Problem zum Vorteil. Deshalb mache ich auch die Knit kits – ein Sorglos-Paket.

Da ich aber langsam selbst als Stricker wachse spinne ich inzwischen auch traditionelle Garne, bei denen ich mich mit Fasermischungen vergnüge. Privat stehe ich auf Mischungen mit Kamel, Ramie, Soja, Bambus und Seide. Für den Shop ist es hauptsächlich Merino, einfach wegen der Kundenwünsche.

Für meinen Shop ist mir wichtig, dass ich jedes Garn jederzeit reproduzieren kann. Ich bin ein Kontrollfreak was für meine Knit Kits äußerst praktisch ist. Ich möchte jedem Kunden das gleiche Garn bieten, was nicht leicht ist, weil die Finger jeden Tag eine andere Laune haben, ähnlich wie bei der Handschrift. Da wird ein simples Lowtwistgarn plötzlich zur Herausforderung.

Streichgarn spinnen stricken

Ist das Spinnen für Dich ein reines Hobby? Und was machst Du im „eigentlichen Leben“ falls ja? 

Spinnen war zunächst ein Ausstieg aus meinem kopflastigen „echten Leben“. Ich bin Kunsthistorikerin und Archäologin mit Schwerpunkt Baukunst im Nahen Osten vor und um Christus. Diese alte Lebensweisen und Kulturen waren also schon immer präsent. Irgendwann stellte ich die Frage mehr Forschung oder mehr Familie. In meinem Fall fiel die Koste-Nutzen-Rechnung meines beruflichen Weges nicht so familienfreundlich aus. Also hielt ich lange Zwiesprache und bin dann ins kalte Wasser gesprungen. Ich hatte keine Ahnung, wie die Sache laufen wird, aber ich war frei. Plötzlich fand ich dann ein kleines, niedliches aber recht abgeranztes altes Industriegebäude um 1890.

Werkstattvorher

Ich saniertes es 1 Jahr lang mit meinem Mann und lieben Freunden und heute ist es meine Werkstatt und Back to the Wheel ist meine kleine Handspinnerei auf Dawanda geworden. Ich mache jetzt das, was eigentlich schon immer ein armer Job war und seit der industriellen Revolution endgültig tot und unwirtschaftlich ist: Lohnspinnerei. Nüchtern betrachtet, völlig irre, aber ich will nicht einsehen, dass es nicht doch möglich ist, eine Brücke in unsere Zeit zu schlagen.

werkstatt

Kannst Du uns Laien jetzt noch Begriffe wie Kerngarn, Streichgarn und Kammgarn erklären? Ich veranstalte ja gerade den Brooklyn Tweed Knit Along und verstricke das Garn “Loft”. Die Garne Loft und Shelter sind beide „woolen-spun“. Was genau bedeutet das und was ist der Unterschied zu den „worsted-spun“ Garnen?

Kerngarn = core-spun: Ein Garn das einen stabilen Kern hat um die sichtbare Fasern herum gesponnen wurden. Das coole an Kerngarnen ist, dass sie einen andern Faserwinkel haben. Die Fasern lassen sich vor dem Spinnen anders mischen und an der Garnobfläche regelrecht trappieren. So können auch empfindliche Fasern in ein reißfestes Garn verwandelt werden.

Streichgarn = woolen-spun: das Garn wurde aus einem kardierten Vlies gesponnen. Dabei wurde der sog. lange Auszug verwendet. Das Ergebnis ist luftig, leicht heterogen, hat einen höheres Wärmevermögen durch den Lufteinschluss. Die dazu genutzten Fasern sind meist krauser und sie haben unterschiedliche Längen. Ihre Faserenden stehen aus der Garnoberfläche heraus, was das Garn entweder flauschiger oder kratziger macht, je nach Empfinden und Faser. Die Maschen wirken etwas unruhiger oder können unregelmäßiger ausfallen.

Kammgarn = worsted-spun: Das ist das Gegenteil von Streichgarn. Es wird aus einem Kammzug gesponnen. Dh. die meist glatten Fasern (zB. Merino) wurden parallelisiert und haben grob die gleiche Länge. Gesponnen wird mit dem sog. kurzen Auszug. Dieser führt zu einer sehr glatten Oberfläche mit weniger Lufteinschluss. Das Garn ist gleichmäßiger, kompakter, glatt. Die Maschen sind definierter und gleichmäßiger. Das Strickstück fühlt sich entweder schmeichelnder oder härter an, je nach Faser.

Unterscheidungsfaktoren sind: Faservorbereitung (Kämmen oder Kardieren), Fasertyp (glatt oder kraus) und Technik (langer oder kurzer Auszug). Mischt man diese Faktoren untereinander entstehen Halbkammgarne. Die Engländer sind hier spezifischer: Woolen vs worsted mit den Mischtypen semi-woolen und semi-worsted ja nach Art der Kombination der oben genannten Faktoren.

Streichgarn stricken spinnen

Warum reißen die Streichgarne so schnell, wofür sind sie besonders gut geeignet und wofür weniger gut?

Streichgarne können schneller reißen, müssen sie aber nicht. Das hängt von der Faser ab. Besteht das Garn aus längeren Fasern (es gibt auch gekräuselte und längere Fasern) passiert das nicht so schnell. Sind die Fasern aber recht kurz, dann benötigen sie beim Spinnen viel Drall. Der Drall hebt sich beim Zwirnen wieder auf. Dann fixieren sich die Fasern der einzelnen Fäden gegenseitig und die Fäden wie auch der gesammte Zwirn gewinnt wieder an Volumen, verliert aber auch an Zusammenhalt. Je enger die Zwirnung (WPI) desto fixer. Hier kommt es auf die Balance zwischen Zwirnung und Faserlänge an.

Tweedgarne sind da noch etwas spezieller. Der Tweedeffekt entsteht durch die Einmischung andersfarbiger Fasern, die sehr kurz sind. Tweed kann nur kardiert werden, so landen wir schon mal bei den Streichgarnen. In der Mischung machen kurze Fasern Spots und lange Fasern Streifen. Und so landen wir bei einem Streichgarn mit überwiegend kurzen Fasern und das Garn kann schneller reißen.

Streichgarne sind wärmer und leichter als Kammgarne. Grund ist der luftige Aufbau durch die Spinntechnik. Kammgarne halten aber mehr Reibung aus, sowohl beim Stricken, als auch im Pulli. Kammgarne halten auch länger die Elastizität im Strickstück, z.B. bei einem Rippenbündchen in der Mütze.
Kammgarne sollten eher mit kleineren Nadeln gestrickt werden, soll da nicht der Wind durch die gut definierten Maschen pfeifen. Sommerstrick ist auch eher was für Kammgarne, wobei da dann doch eher noch Baumwolle oder Pflanzenfaser interessant werden. Lace und Großmaschiges ist auch eine typische Sparte für die Kammgarne. Alles was fließend fallen soll oder mehr Zug aushalten muss sollte ebenfalls eher nicht aus Streichgarn gemacht werden.

 

Wow! Vielen Dank, Kathrin, für Deine so ausführlichen Antworten! Ich hoffe, bald mal einen Deiner Kurse zu besuchen!

Seid Ihr auch so angetan wie ich? Klickt Euch weiter in Kathrins Welt…

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Ich freue mich riesig über meinen heutigen Besuch! Marion und Steffi sind seit vielen Jahren beinahe täglich auf Ravelry unterwegs und führen einen eigenen Online Shop namens Yarn over Berlin, in dem Ihr exklusive Garne aus aller Welt bekommt. Sie sind ausserdem dafür verantwortlich, dass in einem Monat StrickerInnen aus der ganzen Welt nach Berlin reisen, um am diesjährigen Wollfest, dem Berlin Knits Festival am 16./17. Mai teilzunehmen! Das soll Ihnen mal jemand nachmachen… alle Achtung!

Wie unendlich traurig bin ich, dass ich selber ausgerechnet an diesem Wochenende nicht in Berlin sein werde, um an den tollen Workshops teilzunehmen und die Stände der Aussteller zu durchstöbern. Umso mehr freue ich mich aber jetzt, dass ich sie heute hier im Blog habe und ihnen schon einmal alle wichtigen Fragen stellen kann!

Lest Euch durch, klickt weiter und meldet Euch schnell zum Berlin Knits Festival an! Und falls Ihr dabei seid! Dann gebt mir doch Bescheid, Diana von Woolspire wird nämlich extra für einen Tag von Kopenhagen aus anreisen und freut sich über Gesellschaft!

Und nun viel Spaß beim Lesen!

Yarn over Berlin Berlin Knits Festival

Ihr lebt beide in Berlin und habt gemeinsam vor über drei Jahren den Online Shop Yarn Over Berlin gegründet. Wie kam es dazu und wie habt Ihr Euch kennen gelernt? 

Kennengelernt haben wir uns über Ravelry – wo sonst? Zunächst online und dann 2008 bei einem Berliner Stricktreff. Wir haben schnell gemerkt, dass wir ziemlich ähnlich ticken – wir lieben beide kostbare Garne. Die gab es aber in Deutschland nicht – wir brachten sie uns gegenseitig von privaten USA-Reisen mit.
Im festen Glauben, dass es noch mehr Gleichgesinnte gibt, beschlossen wir im Frühling 2011, einen Online-Shop zu gründen. Es dauerte dann einige Monate, zuerst mussten wir sowohl einen Namen und Logo, als auch geeignete Software finden. Dann kam die Auswahl der Wunsch-Garnfirmen und schließlich die Erstellung der Website ! Im Januar 2012 ging Yarn over Berlin schließlich endlich online!
Wir setzen auf qualitativ sehr hochwertige Garne und bieten diese weltweit online oder auch im privaten offline-Verkauf (nach vorheriger Absprache) an.

Man kann die Ware also bei Euch online bestellen, oder aber persönlich bei einem Eurer Stricktreffen abholen. Wann, wie oft und wo veranstaltet Ihr denn Eure Stricktreffen?

Wir treffen uns zwei Mal im Monat im Starbucks am Hackeschen Markt im Herzen Berlins. Man kann uns aber auch jederzeit kontaktieren und einen anderen Termin oder Ort vorschlagen, wir haben schon so manchen “Deal” auf Bahnhöfen abgewickelt ;-). (Anmerkung: Auf Ravelry findet Ihr die aktuellen Termine in der Gruppe von Yarn over Berlin).

Yarn over Berlin Steffi und MarionBei einem Workshop mit Mariann Isager. 

Erzählt Ihr mir beide, wie Ihr überhaupt zum Stricken gekommen seid?

Marion: Ich habe als Kind zunächst Häkeln von meiner Oma gelernt, im Teenager-Alter dann Stricken von meiner Mutter. Und ich gehöre zu denen, die während der Schulstunden, in der Ausbildung und im Studium IMMER unter dem Tisch gestrickt haben. Dann kam das große Wollladensterben, das mich aber nicht berührt hat – ich habe weitergemacht und hänge nun seit ca. 30 Jahren “an der Nadel”.

Steffi: Ich habe Stricken in der Grundschule gelernt, meine beiden Großmütter haben das sehr begrüßt und gefördert, meine Mutter ist handarbeitstechnisch nicht so fit. Mit 12 Jahren habe ich meinen ersten Pullunder gestrickt und dann immer phasenweise mal mehr, mal weniger. Mit dem Internet kam natürlich eine Revolution, plötzlich war Wolle online verfügbar und Anleitungen auch – und (ganz wichtig!) Gleichgesinnte. Als ich vor 10 Jahren von München nach Berlin zog, kannte ich schon eine ganze Menge Strickerinnen und so war es ganz leicht, Anschluss zu finden.

Gibt es ein Lieblingsgarn, zu dem Ihr immer und immer wieder greift?

Ein deutscher Klassiker ist sicher immer wieder Wollmeise, wenn wir über die deutschen Grenzen hinausschauen, ist Madelinetosh Merino light (TML) immer eine gute Wahl. Wir sind aber beide von schönen Garnen “leicht verführbar” und stehen aktuell sehr auf die Garne von The Uncommon Thread – und auch unseren Neuzugang: de rerum natura.

Yarn over Berlin Stephen West
Mit Stephen West! Links Steffi und rechts Marion. 

Seit wann seid Ihr bei Ravelry unterwegs und wie hat es Euer (Strick-)Leben beeinflusst?

Steffi: Ich war Ravelerin Nummer 12105, ich glaube es war im Sommer 2007, die Warteliste war ellenlang und jeden Tag hoffte man, endlich hinein gebeten zu werden ;-). Wie schon vorher beschrieben: das hat natürlich auch mein Strickleben revolutioniert. Vorher gab es zwar schon das Stricknetz, die Yahoo Mailinglisten und Blogs (ich hatte auch einen). Man war schon ganz gut vernetzt. Aber Ravelry ist natürlich nochmal eine ganz andere Liga. Ich schätze vor allem diese großartige Datenbank und unerschöpflichen Vorrat an Informationen. Neue Techniken? Kein Problem. Ein ausgelaufene Garnmarke? Einfach dort suchen, irgendjemand hat vielleicht noch einen Rest. Wie sieht diese Jacke in meiner (Rubens-)größe aus? Bestimmt hat sie schon jemand gemacht, und wenn nicht, machen wir’s gemeinsam als KAL. Ich bin im Urlaub auf Kreta – gibts da nen Yarnshop? Na klar, und in der kretischen Gruppe auf Ravelry, begrüßt man mich und weist mir den Weg. Und überhaupt, wie sieht Joji Locatelli aus? Ich traf sie in Amsterdam ;-)Würde es all das ohne Ravelry geben? Ja vielleicht schon, aber es wäre viel mühsamer und nicht alles an einem Ort zu finden.

Marion: Ich bin seit Oktober 2007 “Raveler” und kann mir kein Stricker-Leben ohne Ravelry mehr vorstellen. Es hat meine Strickwelt komplett auf den Kopf gestellt. Ich habe neue Techniken gelernt und Gleichgesinnte gefunden, eigene Designs entwickelt. Ich weiß, dass Wolle nicht industriell hergestellt werden muß, sondern dass es viele “Indie Dyer” gibt, die mit ganz viel Herzblut Ihre Wolle herstellen und vertreiben – genau die möchte ich unterstützen ! Fremde Städte lerne ich abseits der Touristenpfade kennen, auf dem Weg zu den Local Yarn Stores ! Man lernt Stricker aus aller Welt kennen, zunächst online – und dann oft auch im richtigen Leben – und man ist sofort vertraut.

Und schließlich haben wir einen Online-Shop gegründet und veranstalten nun dieses Yarnfestival – all das hätte es ohne Ravelry nicht gegeben !

Veera Välimäki Yarn over Berlin
Mit Veera Välimäki in Edinburgh. Links Marion und rechts Steffi. 

Erzählt uns ein wenig wie es zu der Idee kam, ein “Yarn Festival” in Berlin zu veranstalten.

Die Idee, ein Wollfest mit internationalem Touch in die Hauptstadt zu holen, hatten wir schon vor Jahren, hatten aber nicht den Mut. Im Oktober 2012 waren wir beide beim “New York Sheep & Wool Festival” in Rhinebeck – und völlig begeistert von einem “weltweiten Strickertreffen”, der riesigen Garnauswahl und der Möglichkeit, Designer “zum Anfassen” zu treffen. Seitdem stand fest, dass wir es eines Tages in Berlin wagen werden. Wenn nicht in Berlin – wo sonst?

Den finalen Ausschlag gab dann das Wollfest in Hamburg im vergangenen September bei dem wir als Aussteller dabei waren. Die Hamburger haben das ganz wunderbar gemacht.

Kurz danach saßen wir mit Katharina, einer befreundeten Eventmanagerin mit eigener Eventagentur zusammen, erzählten begeistert von Hamburg und beschlossen sehr spontan, ein Wollfest in 2015 in Berlin zu veranstalten. Noch am gleichen Abend haben wir den Termin (16./17. Mai) fixiert und die Location gebucht ! Und da wir sehr gute Kontakte zu vielen Designern haben, war es ein Leichtes, ein tolles Workshopangebot auf die Beine zu stellen. Die Aussteller standen nach Veröffentlichung des Termins gleich Schlange und wir mussten leider sogar einige aus Platzgründen ablehnen.

Was erwartet Eure Besucher und wieviel Besucher erwartet Ihr eigentlich?

24 namhafte Aussteller von Bilum über mylys und Siidegarte. Diese präsentieren uns handgefärbete Garne und Spinnfasern, aber auch Klassiker wie Malabrigo, Madelintosh und natürlich auch ein paar Raritäten werden zu sehen sein.

Unsere Besucher erwarten außerdem 33 Workshops mit insgesamt 666 Teilnehmerplätzen. Dabei sind internationale Top-Designer wie Joji Locatelli, Veera Välimäki und Rililie und auch deutsche Designer wie beispielsweise Janukke und Isabell Krämer. Aber auch auf Techniken legen wir viel Wert und sind froh, dass wir Workshops zu Themen wie “Fotoshooting”, “Ravelry richtig nutzen” oder “Englische Anleitungen verstehen” anbieten können. Wir rechnen mit etwa 300 bis 400 Besuchern pro Tag.

Wann und wo kann man sich für die verschiedenen Workshops registrieren? Und wieviele Teilnehmer werden pro Workshop zugelassen?

Die Workshops und Eintrittskarten könnt Ihr direkt über unsere Website buchen. Aber seid schnell, so einiges ist schon restlos ausgebucht! Die Anzahl der TeilnehmerInnen ist abhängig von den Vorgaben der Workshopleiter, meist sind es um die 20 Teilnehmer, bei einigen Workshops aber auch weniger.

Gibt es noch etwas, was meine LeserInnen und potentielle Besucher interessieren könnte (z.B. Rahmenprogramm)?

Außerhalb der Workshops wird es auch im HO selbst noch einige Aktivitäten geben, z. B. einen Knit-Along mit Anke a.k.a “Fallmasche” und einen mit Isabell Krämer a.k.a “lilalu”. Und Ihr habt die Gelegenheit, Joji Locatelli und Veera Välimäki zu treffen und alle 24 Modelle der Interpretations-Kollektionen im Original zu bewundern. Und vielleicht besucht uns auch noch Mr. West, um dem ohnehin bunten Wollfest noch mehr Farbe zu geben …

 

Vielen Dank, Steffi und Marion für Eure Antworten. Ich wünsche Euch riesig viel Spaß und hoffe wir treffen uns bald mal strickend im wahren Leben :).

Das wird ein großartiges Wollfest, hier in Berlin am 16./17. Mai! Klickt Euch durch die wichtigsten Links zum Weiterstöbern, viel Spaß!

– Tickets zum Berlin Knits Festival
– Workshop-Angebot beim Berlin Knits Festival
– Ravelry Gruppe zum Berlin Knits Festival
– Yarn over Berlin Online Shop
– Steffi auf Ravelry
– Marion auf Ravelry

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Heute entführe ich Euch auf ein Gespräch mit Rililie. Ich habe sie im vergangenen Frühjahr bei ihrem Workshop in einem Berliner Wollladen namens Bouclé kennen gelernt und war begeistert von ihrer Art, sich ihren einzelnen Designs zu nähern. Ihre Modelle hatten mir schon im Vorfeld gefallen und auch die Besonderheit der Details und Techniken waren mir aufgefallen.

In Ihrem Workshop wurde mir klar, warum Rililies Anleitungen so viele Seiten umfassen. Sie sind so detailliert und nicht zum “schnellen” Stricken gedacht, weil Ihre Modelle so raffiniert sind. In jedem einzelnen wendet sie spezielle Kniffe oder Techniken an. Sei es an den Schulter- oder Brust-Partien oder den Ärmeln oder den Bündchen… Speziellere Techniken sind entweder in ihren Anleitungen selber oder aber auf ihrem Blog auf’s Genauste erklärt. Sie macht nämlich bei weitem die tollsten Strick-Tutorials, die ich kenne.

Ich war neugierig und wollte mehr erfahren! Ich freue mich sehr über ihre Antworten und wünsche Euch viel Spaß beim Lesen!

Rililie Strickdesignerin Interview

Seit wann strickst Du und wie bist Du dazu gekommen?

Ich habe wie die meisten Stricken in der Schule gelernt und so manch grässlichen Schal herzlos zusammengeflickt… dann kam ja ein ziemlich langer Zeitraum in welchem Stricken so gar nicht in Mode war. Und plötzlich, während meines Erasmus-Aufenthalts in Edinburgh, sah ich überall tolle Wolle, Magazine und wundervolle Strickläden, ganz süß dargestellt und mit einer unglaublichen Liebe zum Detail präsentiert!
Es war also einfach Liebe auf dem zweiten Blick.

Dein Blog hat den Zusatz “Knittingtherapy Blog”. Inwiefern ist das Stricken eine Therapie für Dich oder welche Aspekte daran empfindest Du als therapeutisch?

Stricken hatte mich während einer ganz schweren Zeit in meinem Leben begleitet, getröstet und gerettet. Die mechanische, sich wiederholende Handarbeit sowie die Möglichkeit sich auf eine Anleitung zu konzentrieren oder etwas selber herzustellen half mir einen klaren Kopf zu behalten und beruhigte mich.

Ich sage nur das: zu der Zeit habe ich sogar während dem Essen gestrickt!

Rililie-StrickdesignerinLinks: des kleinen Prinzen Schäfchen, bzw. ein Pullover namens
Dessins-moi un mouton. Rechts: der Cardigan MarlOn aus der amirisu Winter Ausgabe

Mittlerweile kannst Du von Deinem Strick-Design leben. Wie kam es dazu und was hast Du vorher gemacht?

Es war purer Zufall und hat sich irgendwie natürlich ergeben. Ich hatte immer schon gerne meine eigenen Projekte gestrickt oder Anleitungen modifiziert und auf Ravelry gestellt. Dann kamen plötzlich Anfragen von Leuten die interessiert waren auch etwas ähnliches zu machen und irgendwie so begann ich dann auch Anleitungen zu schreiben.
Ich hatte nie daran gedacht, dass ich damit auch Erfolg haben könnte und bin sehr dankbar, dass es so gekommen ist!

Von der Idee zur fertigen Anleitung – woher nimmst Du Deine Inspirationen?

Hm… das ist wirklich eine schwere Frage. Es gibt keine wirkliche “Methode”, die man auch nachverfolgen kann, sonst wäre es wahrscheinlich keine Inspiration per se, sondern eher eine wissenschaftliche Arbeit. Die Ideen kommen ganz plötzlich und unverhofft – manchmal auch in ganz unpassenden Situationen wo man sie nicht niederschreiben kann und dann vergisst man auch die Hälfte davon. Zum Glück kommen dann andere nach….
Ich glaube es ist eben wichtig ein Träumer zu sein, aus dem Fenster zu schauen und die Gedanken fliegen zu lassen. Das regt die Kreativität an!

Mütze Rililie stricken
Die Wende-Mütze namens Mrs. Jekyll & Little Hyde mit einer
Lace-Seite (links) und einer sportlichen Seite (rechts),
mit einem gemeinsamen Bündchen. 

Wie lange gehst Du mit Deinen “Ideen” schwanger und wie lange bauchst Du im Endeffekt, Deine fertige Anleitung an Probestrickerinnen zu verteilen?

Es gibt immer viel zu viele Ideen und viel zu wenig Zeit. Deshalb habe ich ein kleines rotes Notizbuch, in dem ich sie nieder zeichne und mir Notizen zu der möglichen Konstruktion mache. Die meisten davon werden sogleich vergessen, manche werden nur teilweise verarbeitet und mit anderen vermischt. Keine der Ideen wird ganz genau so verwirklicht wie sie im Anfangsstadium notiert wird. Erst wenn ich an einem Projekt arbeite entfaltet sich das Design auch.

Es dauert ungefähr zwei Monate bis die Anleitung dann fertig zum Testen ist, manchmal sogar mehr… aber ich glaube, dass ich viel langsamer bin als andere Kollegen (was mich ehrlich gesagt ziemlich ärgert).

Strickdesignerin-rililie

Ich habe das Gefühl, Du verarbeitest in Deinen Designs immer mindestens eine neue spezielle Technik, oder? Bist Du eine Tüftlern? Oder vielleicht im Grunde Deines Herzens eine Mathematikerin, die die Logik hinter den Maschen liebt?

Oh, ja! Ich liebe neue Techniken auszutüfteln und finde diesen Aspekt des Design am interessantesten. Ich war schon immer fasziniert von Studien wie Industrie-Design und davon ergonomische Lösungen zu finden, die auch einer ausgeklügelten Ästhetik folgen. Ich würde aber nicht sagen, dass ich eine Mathematikerin wäre (als Schülerin habe ich Mathe gehasst, wie es sich eben so gehört). Ich bin eher ein Freund der Logik und ein Sherlock-Fan…. und bevorzuge somit die Deduktive Methode in Maschen-Problematiken!

FunkyGrandpa Cardigan-rililie
Der Funky Grandpa Cardigan, schon seines Namens wegen ein absolutes must-knit-Teil. 

In Deinem Workshop bei Bouclé im vergangenen Frühjahr hast Du beschrieben, wie wichtig es Dir ist, dass die Kleidungsstücke ganz individuell der weiblichen Form angepasst werden können. Kannst Du kurz beschreiben was Du damit meinst?

Nun, es interessiert mich das “Grundgerüst” also die individuelle Form, die eben unser Körper ist und dessen eigene beweglichen und unbeweglichen “Bauteile” so gut wie möglich zu respektieren wenn ein Kleidungsstück gestrickt wird.
Das klingt jetzt ganz unmöglich und kompliziert, ist aber ganz einfach und die Meisten machen das sowieso wenn sie ein Kleidungsstück kaufen: Jeder weiß intuitiv was einem steht und was wir eher vermeiden wollen – diese Kenntnis können aber nicht alle auf ihr Strick-Projekt anwenden, obwohl es ja doch die perfekte Möglichkeit ist etwas ganz auf unsere Ansprüche anzupassen. Ich kann in den Anleitungen natürlich nur ansatzweise helfen und folge bestimmten Standard Massen, aber dafür gibt es ja Workshops…, nicht?

Wie sieht Dein Strickalltag aus? Gibt es so etwas wie eine Alltagsroutine?

Zum Glück gibt es keine. Da ich alles alleine mache – also nicht nur Modelle entwerfe, stricke und dann die Anleitung schreibe, sondern auch fotografiere und Artikel für meinen Blog schreibe, Workshops vorbereite, reise, viele emails beantworte und KALs in meiner Gruppe auf Ravelry halte… – kann da gar keine Routine eintreten. Ich springe meist von Einem zum Anderen.
Das einzige das sicher jeden Tag gleich ist, ist dass ich mir morgens eine riesige Tasse Kaffee bereite und mich an den Computer setze – also gar nicht so originell, meine Routine!

Wieviele Anleitungen gibt es mittlerweile von Dir und welches ist Dein absoluter Liebling?

Im Moment sind es 22 und es kommt bald die Nummer 23 dazu. Mein absoluter Liebling ist immer das letzte Projekt, dass ich veröffentliche bzw. bearbeite. Alles Neue hat eben einen ganz anderen Reiz!

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Links: Der Cardigan BeauB, bei dem mit verschiedenen Materialien, hier Merino und Silkhair,
gespielt wird. Die Streifen werden abwechselnd zweifädig und einfädig (nur das Marino-Garn)
gestrickt, die Ärmel zum Schluss nur mit dem Lace-Garn, das macht sie so zart, was für eine tolle Idee! Rechts: der BlueSand Cardigan, der in Anzahl angelegter Projekte auf Raverly gerechnet, das meist-gestrickte Rililie-Design ist.

Im Frühjahr wirst Du beim Berlin Knits Festival einen Workshop geben. Worauf können sich die Besucher freuen?

Ich werde einen workshop halten der “Anatomical Knitting” heissen wird. Die Idee ist den weiblichen Körper auf seine geometrischen Grundformen zu reduzieren und mit dieser Kenntnis (und in Rücksicht auf die eigene, individuelle Morphologie) dann die verschiedenen Top-Down Konstruktionen zu analysieren, so dass man diese nach eigenen Vorstellungen modifizieren kann. In werde dort hoffentlich genauer erklären können, wie man ein Kleidungsstück seiner eigenen Körperform anpassen kann und welche Techniken es gibt, die einem helfen können.

Vielen Dank, liebe Rililie!

Ihr findet Rililie auf Instagram, ihrem Blog oder natürlich auf Ravelry.

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Melanie Berg und Ihr feines Strickdesign-Label Mairlynd ist bestimmt vielen von Euch bekannt. Ihre Tücher sind ein Traum, sie tragen Namen wie Ropedance, Neverwhere und Moonraker (des Rätsels Lösung zu meinem Teaser vom Samstag). Ich mag auch ihre ganz persönliche Art, mit der sie über ihre Designs schreibt. Man spürt einfach, wie sehr ihr die Arbeit Spaß macht. Ich bin zwar nicht sehr intensiv auf Ravelry unterwegs (wo Melanie ihre eigene Gruppe moderiert), aber ich lese sehr gern ihren Blog, schaue gern ihre Insta-Impressionen an und freue mich immer über einen ihrer Newsletter (könnt ihr hier abonnieren) in meiner Inbox. Was hab ich mich nun also gefreut, als sie mir sehr spontan ein paar Fragen beantwortet hat! Ich war  nämlich unheimlich neugierig, mehr zu erfahren. Viel Spaß beim Lesen!

Melanie Berg Strickdesign

Seit wann strickst Du/Wie bist Du zum Stricken gekommen?

Ich kann stricken seit meine Mutter es mir als Teenager beigebracht hat, bin aber erst mit der Geburt meiner ersten Tochter wieder darauf zurück gekommen. Damals wollte ich unbedingt etwas für dieses kleine Wesen selbst machen – etwas Kuschliges, das sie warm und sicher halten würde. Ganz automatisch griff ich zu Nadeln und Wolle und seitdem hat meine Begeisterung dafür nicht nachgelassen.

Was machst Du neben dem Stricken, arbeitest Du noch als IT-Spezialistin? Oder bist Du mittlerweile hauptberuflich Strickdesignerin?

Ich habe meinen Job als Fachinformatikerin im April diesen Jahres aufgegeben, um mehr Zeit für’s Strickdesign zu haben. Eine zeitlang hatte ich beides parallel gemacht, aber schnell gemerkt, dass beides so zu kurz kommt. Nun arbeite ich nur noch als Strickdesignerin von zu Hause aus und empfinde das mit drei kleinen Kindern als große Erleichterung. Ich fühle mich frei und bin flexibel in meiner Zeiteinteilung – das ist toll!

Mairlynd Tücher Anleitungen
Links: Das schöne Tuch Nangou, das für Melanie eine Art Türöffner im Strickdesign war.
Rechts: Moonraker, ein Design des vergangenen Sommers. 

Strickmuster erarbeiten hat ja sehr viel mit Logik und Mathematik zu tun. Ist es das, was Deine Leidenschaft für’s Strickdesign entfacht hat?

Nein, eigentlich gar nicht! Obwohl ich ja auch beruflich einen technischen Hintergrund habe, war es immer die kreative Freiheit und das Experimentieren, was mich zum Strickdesign gezogen hat. Zwar ist es schön, wenn am Ende einer Anleitung alles aufgeht und alle Zahlen zueinander passen, aber viel befriedigender ist der Weg dorthin – das Spiel mit Farben, Formen und den verschiedensten Materialien. Vielleicht hat mich das so fasziniert, weil es ein Ausgleich zu meiner sonst sehr technischen Berufswelt war?

Wie kam es zu dem Namen “mairlynd”? Und wie hat sich Deine Liebe zum Stricken und das Schreiben von Anleitungen so weit entwickelt, dass Du heute bist, wo Du bist?

Der Name „Mairlynd“ hat keine besondere Bedeutung. Ich bin beim Kritzeln irgendwie darauf gekommen und liebe das Schriftbild und den Klang einfach – er hat etwas Außergewöhnliches und Geheimnisvolles, gleichzeitig ist er aber auch irgendwie bodenständig. Ich mag diese Kombination!
Wenn ich zurück denke an die vergangenen Jahre, kann ich gar nicht so genau sagen, wie sich alles entwickelt hat. Ich habe einfach getan, was mir Spaß macht und bin mit der Zeit dabei immer mutiger geworden. Anfangs hatte es eher Hobbycharakter, doch langsam aber sicher ist viel mehr daraus geworden. Ich habe angefangen, Designs bei internationalen Magazinen einzureichen, habe Kontakt zu Garnherstellern aufgenommen und auch kontinuierlich im Selbstverlag veröffentlicht, und so ist das vielfältige Mairlynd Portfolio entstanden! Rückblickend ging alles fast wie von selbst, aber das ist vermutlich immer so, wenn man Freude bei seiner Arbeit hat.

Melanie Berg Strickanleitungen
Links: Die Handwärmer Sokol, zu deutsch “Falke”.
Rechts: Die kuschelige, asymmetrische Strickjacke Tau

Wie sind Dein Strickalltag aus?

Wir stehen alle zusammen auf, und wenn ich wieder heimkomme von den Kindergärten und Tagesmüttern, trinke ich meist erst einmal in Ruhe einen Kaffee und gehe meine Inbox durch. Ich beantworte Fragen, bewundere neu eingestellte Mairlynd Projekte und informiere mich in diversen Foren, was es Neues in der Strickwelt gibt. Anschließend arbeite ich meist an angefangenen Projekten weiter, das heißt manchmal stricke ich, manchmal feile ich an einer Anleitung oder baue mein Fotoequipment auf, um Aufnahmen zu machen. Manchmal beantworte ich auch Fragen wie diese hier. 🙂

Melanie Berg Strickanleitungen
Links: Melanies heller Arbeitsbereich unterm Dach. 
Rechts: Das neue Design Ropedance, ein Tuch aus dem schönen Woolfolk Garn. 

Wie viele Anleitungen gibt es mittlerweile und hast Du einen bestimmten Liebling?

Inzwischen gibt es von mir über fünfzig veröffentlichte Anleitungen – die meisten davon im Selbstverlag, aber auch einige, die in Magazinen oder Collections von Garnherstellern erschienen sind. Einen direkten Liebling habe ich nicht, aber es gibt einige Teile, an denen mein Herz besonders hängt. Nangou zum Beispiel, ein Tuch das unheimlich beliebt ist und so etwas wie ein Türöffner für mich war, oder Ropedance, eine meiner letzten Veröffentlichungen, ohne das ich derzeit kaum aus dem Haus gehe.

Und hast Du ein bestimmtes Lieblingsgarn?

Ein Lieblingsgarn habe ich nicht – es gibt so viele tolle Garne, dass man sich unmöglich festlegen kann! Generell arbeite ich sehr gerne mit fingering Garn, also Sockenwollstärke, weil sich damit so Vieles so schön machen lässt – Tücher, Kleidung, Accessoires… Die Auswahl, die wir heute haben, ist riesig: All die Handfärberinnen, die es gibt, in Deutschland aber auch international, außerdem natürlich zahlreiche Garnfirmen, die die unterschiedlichsten Fasern anbieten. Ich liebe es, neue Garne auszuprobieren und fühle mich dabei wie ein Kind im Süßigkeitenladen. 🙂

Was hast Du gerade für Aktionen laufen, die uns nicht engeren dürfen?

Was für Aktionen gerade laufen, seht Ihr in meiner Gruppe auf Ravelry! Derzeit gibt es einen KAL für Ropedance, der Teststrick für Quicksilver ist in der heißen Phase und ich habe auch einen Adventskalender für Euch vorbereitet – jeden Tag gibt es ein Türchen zu öffnen, hinter der sich eine meiner Anleitungen verbirgt, die es dann etwas günstiger gibt. Schaut vorbei – ich freue mich!

Dem Adventskalender könnt Ihr übrigens auch auf Instagram folgen, dort seht Ihr jeden Tag, welche Anleitung sich hinter den Türchen verbirgt!

Vielen Dank, Melanie! Ich freue mich auf alles, was wir noch von Dir sehen werden!

PS: Übrigens gibt es in den kommenden Monaten einige Workshops mit Melanie, u.a. im Mai bei Mylys in Hamburg. Vielleicht ist ja etwas für Euch dabei!

Vermutlich habt Ihr bereits gemerkt, dass ich ein sehr großer Instagram-Fan bin. Ich schaue dort mehrmals täglich hinein und liebe es, durch die Bilder zu scrollen, mich inspirieren zu lassen, oder einfach zu schauen, was andere Freunde und Bekannte gerade so tun. Vor einigen Wochen bin ich über Susannes Account paulastrickt gestolpert. Ich weiß gar nicht mehr wie – vermutlich hatte sie einfach eines meiner Bilder “geliked”. Sie war noch ganz frisch auf Instagram, aber ihre Strickstücke und Bilder haben mir sofort gefallen, also “folgte” ich ihr von nun an einfach auch. Für ihr feines Label Paula_m strickt Susanne im Akkord. Irgendwann musste ich da ganz ungläubig nachfragen: Strickst Du das eigentlich alles selbst? Ja… sie stricke tatsächlich alle Stücke selber von Hand. Wahnsinn! Da wollte ich mehr erfahren und schrieb Susanne einfach mal eine Email. Mit vielen Fragen!

Paulastrickt Handgefertigte Strickwaren

Wie alt bist Du und seit wann strickst Du und wie bist Du überhaupt dazu gekommen?

Ich bin 33 Jahre und beschäftige mich seit frühster Kindheit mit Handarbeiten. Mit 7 Jahren habe ich angefangen zu häkeln, meine beiden Omas haben mich “angelernt”. Ich kann mich noch gut an meine ersten Versuche erinnern, aus oranger Wolle sollte ein Topflappen entstehen (quadratisch)…es wurde ein Dreieck. Ich bin trotz der ersten Enttäuschungen drangeblieben und immer besser geworden. Irgendwann konnte ich Kleidung für meine Barbies und Stofftiere häkeln. Die Sommerferien habe ich oft bei meiner Oma verbracht und es war nicht unüblich, dass wir zusammen Filet-Deckchen gehäkelt haben. Noch heute dreht sich meist alles ums Stricken und Häkeln, wenn ich meine Oma besuche.

Stricken habe ich mir relativ spät selbst beigebracht,  2007 nach der Diplomarbeit hatte ich 2 Monate Pause bevor ich in die Arbeitswelt startete. Also habe ich mir ein Buch gekauft und angefangen zu stricken, mein erstes Projekt waren Socken. Ich habe es tatsächlich bereits im 2. Anlauf hingekriegt und zu diesem Zeitpunkt ist dann meine Leidenschaft fürs Stricken und Häkeln komplett ausgebrochen. Es gab kein Halten mehr.

Handgestrickte Mützen DaWanda Paula_m

Was machst Du neben dem Stricken? Oder betreibst Du Dein Label Paulastrickt hauptberuflich?

Ich bin eigentlich Diplom-Restauratorin für Steinobjekte und arbeite in diesem Beruf hauptsächlich im Sommer auf Baustellen an Kirchen, Schlössern, usw. überall in Deutschland. Mein Traum ist es aber meine Leidenschaft zum Hauptberuf zu machen, so dass ich dieses Jahr den Sprung ins kalte Wasser gewagt habe und meinen Restauratoren-Tätigkeit zunächst auf Eis gelegt habe.

Wie kam es zu dem Namen “Paula_m”?

Paula_m steht für Paula Müller und das ist meine liebe Oma (siehe oben), die den Grundstein für meine Strick- und Häkelleidenschaft gelegt hat. Noch heute kann ich mit ihr am besten fachsimpeln. Beim letzten Besuch hat sie mir einen Riesen-Stapel Strickzeitschriften präsentiert (Jahrgang 1960 – heute). Nachdem ich meinen Freudentanz vollendet hatte, haben wir jede einzelne Zeitschrift durchgeschaut und ich durfte mir mitnehmen, was ich wollte :)))) Tolle Inspirationsquelle!

Auf den Nadeln Stricken Handschuhe stricken

Die Entscheidung einen Dawanda-Shop zu eröffnen ist 2011 gefallen. Ich habe damals für längere Zeit auf einer Baustelle in Amsterdam gearbeitet und hatte bedingt durch diese geniale Stadt am laufenden Band Ideen für Strickprojekte. Ich habe sogar während der Arbeit Rückseiten von Bau-und Kartierungsplänen mit Strickmustern beschmiert, die ich dann nach Feierabend ausprobiert habe. Meinen Kollegen ist das natürlich nicht verborgen geblieben und irgenwann kamen die ersten Bestellungen. Topmotiviert habe ich dann eine kleine “Kollektion” für einen eigenen Dawanda-Shop gestrickt. Uns so hat alles angefangen mit Paula_m.

Handgestrickte Mützen DaWanda
Fotos: links: Der Spruch auf meinem Shirt ist Programm ;),
rechts: ein Haufen fertiger Bestellungen für den online-shop. 

Wie sieht Dein Strickalltag aus?

Hier muß ich ganz klar zwischen Frühjahr/Sommer und Herbst/Winter entscheiden. Frühjahr/Sommer ist die kreative Zeit, ich probiere sehr viel aus, suche nach Ideen, wühle mich durch meine “Strickbibliothek”, suche nach Strickmustern und mache sehr viele Musterproben. Wenn mich ein Muster überzeugt, überlege ich, was ich daraus machen könnte. Mütze, Schal, Stirnband ….

Arbeitsplatz DaWanda Selbständig
Fotos: links: Susannes Wolllager. Rechts: Arbeitsplatz, an dem Susanne täglich strickt. 

Ist diese Entscheidung dann gefallen, beginnt das Nervenaufreibenste, stricken, auftrennen, stricken, auftrennen, usw. Solange bis das jeweilige Modell perfekt sitzt. Ich ribbel teilweise bis zu 6 mal eine an sich fertige Mütze auf, nur damit ich sehen kann ob es z.B. besser aussieht, wenn ich 2 Maschen weniger anschlage. Hochgradig bekloppt, aber ich kann nicht anders.

Im Herbst/Winter stricke ich dann einfach das, was meine Kunden im Shop bestellen. Wenn viele Bestellungen anliegen, stricke ich Tag und Nacht. Ganz wichtig dabei: mein Musterbuch, in dem sich alle meine Anleitungen, die ich Frühjahr/Sommer erarbeitet habe, befinden. Und damit das ganze nicht langweilig wird, stricke ich sehr viel nach Kundenwunsch. Alle meine Sachen sind in Farbe und Größe individualisierbar und ich freue mich tatsächlich immer, wenn ich einen Extrawunsch erfüllen kann.

Stirnband stricken
Fotos: Stirnband AVA, mein liebstes Stirnband, ich besitze es in fast allen Farben.

Gibt es ein absolutes Lieblings-Garn, dass Du immer und immer wieder kaufen und verstricken “musst”?

Schwierige Frage, es gibt keinen absoluten Favoriten. Ich mag Debbie Bliss, weil die Farben toll sind und die Wolle so “unaufgeregt” ist, d.h. Zopf- und Strukturmuster kommen sehr gut zur Geltung. Ich mag momentan auch sehr gerne Wolle von Mirasol, weil ich mich unsterblich in die Qualitäten “Sulka” und “Ushya” verliebt habe. Ein Dauerbrenner und in allen Ecken meiner Wohnung zu finden, ist Wolle von Isager. Mit dieser Wolle strickt man meist mehrfädig und kombiniert dabei Schurwolle, Alpaka, Baumwolle, Leinen und Mohair miteinander. Passend zum Garn gibt es ganz wundervolle Muster von Helga Isager. Last but not least verstricke ich neuerdings auch handgesponnene Wolle von Kathrin von backtothewheel. Kathrin spinnt ganz wunderbare Garne und man kann sich sogar sein Wunschgarn spinnen lassen. Meist kennt sie die Wolllieferanten, sprich Schafe, Alpakas und Angorakanninchen auch noch persönlich. Zusammen mit ihr habe ich auch eine kleine Knit-Kit Kollektion aus handgesponnener Wolle entworfen.
All die schöne Wolle verarbeite ich am liebsten zu Mützen und Stirnbändern = ein schnelles Erfolgserlebnis ;). Strukturmuster und Zopfmuster haben es mir dabei besonders angetan, auch zwei- oder mehrfarbiges Stricken finde ich toll. Im Fair Isle Bereich gibt es für mich aber noch viel zu lernen.

Strickwaren auf DaWanda
Foto: Susannes Farbkarten für individuelle Bestellungen. 

Hast Du eigentlich auch einen Blog oder eine eigene Seite? Ich habe Dich ja via Instagram kennen gelernt (sooo schöne Bilder immer, übrigens)? Hast Du diesbezüglich noch weiteres in Planung?

Ich verkaufe momentan nur über Dawanda, eine eigene Webseite ist aber definitiv in Planung. Freunde und Bekannte liegen mir schon lange damit in den Ohren, dass ich viel zu abhängig von dieser Plattform bin. Aber was Marketing bzw. Selbstvermarktung angeht bin ich ein echte Null. Bin aber dabei mich zu bessern, mein Instagram-Account ist ja schon mal ein guter Anfang.

Strickwaren Handgestrickt kaufen
Fotos: links: Fotoshooting 2013, kein gestelltes Foto, wir sind mit dem Rad durch Hannover gefahren und habe uns die schönsten Plätze gesuchtrechts: So entstehen meine Mützen, Schals und Stirnbänder……sie fallen vom Himmel 😉

Vielen Dank, Susanne, für dieses schöne und authentische Interview!

Seid Ihr nicht aus so angetan von diesen schönen Bildern und Strickstücken? Dann folgt Susanne unbedingt auf ihrem schönen Instagram-Account und hüpft mal rüber in ihren Shop. Weihnachten steht ja quasi vor der Tür! Man kann ja nicht alles selber stricken…. nech?

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