Hallo und herzlich willkommen zum Samstagskaffee! An dieser Stelle begrüßt euch nicht wie gewöhnlich Sophia, sondern Judith, ihre Samstagskaffee-Elternzeitvertretung. Weniger Schlaf bekommen wir ab sofort beide: Sophia wegen des baldigen Nachwuchses und ich, weil der kleine Kontrollfreak in mir zu aufgeregt ist, den Livegang dieses Textes zu verschlafen. Meinen Aktionismus am frühen Morgen deuten unsere Zwergdackeline Frida und Stubentiger Mr. Holmes ziemlich sicher als Signal, dass es jetzt Frühstück gibt. So wie jede meiner Bewegungen. Immer.

Wenn es euch ähnlich geht, dann füttert schnell den heimischen Zoo (sonst kriegt man ja doch keine Ruhe). Macht es euch anschließend mit einer Tasse Kaffee und einem Keks gemütlich: Wir gehen auf eine kleine Weltreise in Sachen Wollinspiration!

Ein bisschen Frieden…

Ich bin alles andere als ein Schlager-Fan, aber an Nicoles ESC-Klassiker muss ich bei der derzeitigen Weltlage doch häufiger wehmütig denken. Wenn gewisse Herren – anstatt ihre Hände über roten Atomwaffenknöpfen schweben zu lassen – einfach mal stricken würden, wäre die Welt eine bessere (… naive Vorstellung, ich weiß). Oder sie könnten Origami-Kraniche falten. Das macht man in Japan. Der Brauch nennt sich senbazuru und die Tradition besagt: Wer 1000 Kraniche faltet, hat einen Wunsch frei. Nach den Atomschlägen gegen Hiroshima wurden die Papierkraniche zu einem Symbol der japanischen Friedensbewegung.

Brette Shawl in Origami-Technik
Foto: © Rastus Hsu

Dass Origami nicht nur mit Papier funktioniert, zeigt der taiwanesische Strickdesigner Rastus Hsu. Als kleiner Junge war der Wollladen seiner Großmutter sein Lieblingsspielplatz und so war sein Weg hin zur Garnleidenschaft vorgezeichnet. Sein Schal Brette bringt die Optik von Origami aufs Gestrick: Mit einer cleveren Kombination aus rechten und linken Maschen, die an bestimmten Stellen gekreuzt werden, entsteht eine aufgeräumte, aber doch ziemlich spannende Struktur. Dementsprechend sind hier solche Garne besonders geeignet, die ein sehr klares Maschenbild erzeugen und das Muster optimal zur Geltung bringen.

In Frage käme daher auf jeden Fall Merino Twist von COWGIRL BLUES. Vielleicht ja – passend zum Thema Asien – in der Farbe Celadon, einem sanften Blau-Türkis-Ton, der seinen Namen übrigens von einer Jahrhunderte alten, ursprünglich chinesischen Färbetechnik für Keramik ableitet. (Vorwarnung: Ich liebe vermeintlich sinnloses Detailwissen und Randnotizen.) Wer eine kostengünstigere Garnalternative sucht, der dürfte mit Premium Silk oder Premium Cashmere, beides Krönchengarne von SCHACHENMEYER, gut beraten sein. Die Anleitung gibt es aktuell nur auf Englisch, aber wenn man das Muster einmal verstanden hat, läuft der Faden wie von selbst. Außerdem gibt es zum Nachlesen die Maschenfein-Übersetzungstabelle mit den wichtigsten Begriffen.

ZEITLOSE ELEGANZ AUS JAPAN

Direkt aus dem Heimatland der Friedenskraniche kommt unsere nächste Modellinspiration. Die Designerin Ririko (auf Instagram als Handknitlife unterwegs ) hat mit Iris ein Shirt kreiert, das das Zeug zum echten Klassiker hat. Legerer, aber doch femininer Schnitt, unprätentiöser, geometrischer Faltenwurf und ein sanftes Auslaufen zur A-Linie. Ich war selbst leider noch nie in Japan, aber die Schlichtheit und Präzision dieses Designs erinnert mich an den Bau- und Einrichtungsstil japanischer Häuser.

Ririko nutzt ein maschenfeines Garn, für das wir euch passenderweise gleich das entsprechende Kit angelegt haben: Mit Sparrow von QUINCE & CO. – viele Farben sind gerade unterwegs zu uns und bald wieder verfügbar – habt ihr 100 % Bio-Leinen auf den Nadeln. Perfekt für echtes Sommerwetter. Bis dahin wird es wahrscheinlich noch eine ganze Weile dauern, aber damit bleibt dann auch genug Strickzeit, um das Shirt fertig zu bekommen. Und noch eine gute Nachricht: Die Anleitung gibt es nicht nur auf Englisch, sondern auch auf Deutsch.

Shirt Iris
Iris
Foto: © handknitlife

Nein zum Schneematsch, ja zu Farbe!

Marisa trägt das kurzärmelige Shirt "Big in Japan" von Katrin Schneider. Sie lehnt an einer Mauer.
Big in Japan
Foto: © Ines Grabner / Maschenfein

Wir bleiben noch einen Moment im fernen Osten – zumindest was den Namen angeht. Big in Japan heißt ein T-Shirt-Modell von Kathrin Schneider. Für die Frostbeulen unter uns gibt es auch eine Pullover-Variante. Was nach einem schlichten Streifenstrukturmuster aussieht, ist raffiniert konstruiert: Begonnen wird mit dem Rücken, der erstmal bis unter die Armausschnitte gearbeitet wird, die Schulterpartien werden mit verkürzten Reihen geformt und erst dann geht es weiter zum Halsausschnitt.

Im Shop findet ihr Strickkits sowohl für den Pullover als auch für das Shirt mit Garnkombinationen von – wie könnte es anders sein – ITO YARNS, die feinste Garne aus Japan zu uns bringen. Im Sweater-Kit erhaltet ihr die nötigen Mengen Kinu und kuscheliges Sensai. Beim Shirt wird Kinu (100% Seide und deshalb angenehm kühl an heißen Tagen) mit Washi kombiniert, das zur Hälfte aus Papierfasern besteht, womit wir unseren Bogen zum Thema Origami geschlagen hätten. (Als hätte ich’s geplant …)

Ab in den Süden, der Sonne hinterher…

Reisen war in den letzten beiden Jahren ja für kaum jemanden möglich. Umso mehr ein Grund, dem Fernweh wenigstens in Gedanken zu frönen. Von Asien springen wir deswegen einfach mal nach Bella Italia. Ich hatte das große Glück, ein Jahr im zauberhaften Verona studieren zu dürfen. Seitdem hat mich die Liebe zu Land und Leuten (und Essen und Wein und Musik… hach) nie mehr losgelassen. Da Italien mit seiner Modehauptstadt Mailand einer der Hotspot für Designerinnen und Designer weltweit ist, bin ich immer auf der Suche nach spannenden Strickprojekten mit italienischem Hintergrund.

Bei meinen Ravelry-Streifzügen schaue ich deshalb regelmäßig bei Stella Egidi alias Moody Knitter vorbei. Die Ärztin lebt in Rom, war aber auf der ganzen Welt mit verschiedenen internationalen Hilfsorganisationen unterwegs. Ihr Pullover Modern Art besticht durch ein einfaches, grafisches Muster mit großer Wirkung:

Die Rundpasse besteht – im Gegensatz zum glatt rechten Rest – aus geometrischen Formen, die eine Art 3D-Effekt erzeugen. Das Ganze erinnert von der Struktur her an Diamanten, funktioniert aber – anders als die komplexe Optik vermuten lässt – mit einer recht simplen Kombination aus Zu- und Abnahmen. Ein weiteres Detail, das mir besonders zusagt: Mittels verkürzter Reihen ist der Pullover leicht auf Taille gearbeitet. Eine erfrischende Abwechslung zu den vielen kastigen Schnitten, die aktuell im Trend sind, und ganz im Sinne der italienischen Regel, dass jeder Tag dafür geeignet ist, bella figura zu machen.

Modern Art Sweater
Modern Art Sweater
Foto: © F+W Media Inc, by Harper Point Photography

Bei der Garnwahl habt ihr verschiedene Möglichkeiten: Wer trotz des Wetters der letzten Woche die Hoffnung auf Frühling nicht aufgibt (zurecht!), dürfte mit der weichen und leicht glänzenden Baumwoll-Modal-Kombination von Cosma aus dem Hause LAMANA sehr zufrieden sein. Wer lieber in Richtung Merino geht, kann zum Klassiker Como greifen. Noch klarer in Sachen Struktur und Griffigkeit wäre Cotton Cashmere von Rowan.

Wie wär‘s mit einem Abstecher in die Appalachen?

Weiter geht unsere wollige Weltumrundung mit einem Sprung über den großen Teich: In Virginia lebt Laura Aylor, die als Fogbound Knits auf Ravelry und Instagram ihre Designs präsentiert. Rainsong ist ein ärmelloses Oberteil im klassischen Tanktop-Style. Die A-Linie und glatt-rechte Oberfläche wird nur von einem zarten Strukturmuster im Brustbereich unterbrochen. Sieht auf den ersten Blick vielleicht nicht sehr aufregend aus, aber wer schon mal vor seinem Kleiderschrank stand und der Überzeugung war, nichts – aber auch gar nichts – zum Anziehen zu haben, weiß: gute Basics sind alles. Als Sandra das Design gesehen hat, ist sie sofort in Maschenproben-Stimmung verfallen, und deshalb kann ich euch quasi aus erster Hand sagen: Cotton Wool von ROWAN passt genau.

Rainsong Top
Rainsong Top
Foto: © Laura Aylor

Hej til Danmark!

Ich bin ja durchaus offen für neue Dinge, aber ein Samstagskaffee ohne einen Abstecher zu den skandinavischen Nachbarn? Das wäre dann doch zu viel Veränderung, finde ich. Ein bisschen Stabilität braucht es gerade dieser Tage schließlich dringend:

Topstykke
Topstykke
Foto: © Bente Geil

Bente Geil lebt in Silkeborg, in der Nähe von Aarhus. Ihr Modell Topstykke heißt in der deutschen Übersetzung – ja, gute Nachrichten, auch hier gibt es eine deutschsprachige Version der Anleitung – Oberstück. Das klingt ein wenig sperrig, dabei ist das Ergebnis das glatte Gegenteil davon. Die Tunika ist herrlich fließend und vor allem: Es ist eine Tunika! Ein unglaublich praktisches und bequemes Kleidungsstück, das sowohl zu Leggings als auch zu langen oder kurzen Hosen gut aussieht. Als Garn würde sich Puno Winikunka von PASCUALI anbieten. Wer es gedeckt mag, findet da mit Walnussbaum oder Waldkiefer schöne Naturtöne. Aber bei so einem sommerlichen Top kann man es natürlich auch mal richtig krachen lassen mit Nuancen wie Safran oder Himmel.

When in Rome…

… und weil wir gerade beim Thema Tunika sind: Sie ist das perfekte Kleidungsstück für die Übergangszeit. Lässig über ein T-Shirt geworfen, wenn es nach einem warmen Frühlingstag abends kalt wird, funktioniert sie genauso gut wie als Schicht beim Lagenlook – notfalls mit Thermounterwäsche drunter.

Modetechnisch gehört die Tunika in die Kategorie Oldies, but Goldies. Als langes Hemdkleid war es im antiken Rom das Kleidungsstück schlechthin und wurde von Männern wie Frauen getragen. Ob unter der Gladiatorenrüstung oder der Senatorentoga – die Tunika war Basis jedes Outfits.

Wir haben für euch im Shop verschiedene Kits bereitstehen, wenn ihr es den Römern gleichtun wollt: Die Magnolia Bloom Tunic aus Snefnug war in diesem Winter ja ein echter Renner in der Maschenfein-Community. Wer noch nicht dazu gekommen ist – was mich einschließt –, der kann das ja schon mal auf die Spätsommerliste setzen. Die Kingston Tunika von Andrea Mowry ist dagegen ein echter Ganzjahrestreffer. Gestrickt wird das zeitlose Design mit Bergamo von LAMANA. Und für alle, die auch mal wieder die Häkelnadel schwingen wollen: Die Häkeltunika ist ein hauseigenes Design von LAMANA für ihre Como.

Wer suchet, der findet – manchmal.

Also ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber es ist schon erstaunlich, wie man sich im Leben verändert: Als Kind war für mich die Osternesterjagd ein echtes Highlight. Wenn ich heute mal wieder keine Ahnung habe, wo meine Schere liegt, löst das komischerweise keine Glücksgefühle in mir aus. Vor allem dann nicht, wenn ich gerade gemütlich strickend auf dem Sofa unter meinem schnarchenden Dackel liege. Aufstehen ist dann schlichtweg nicht drin, vonwegen schlafende Hunde wecken und so.

Seit ich mir das Tool Kit von PetiteKnit gegönnt habe, ist die Wahrscheinlichkeit, dass das gestreifte Täschchen und damit auch die Storchenschere in greifbarer Nähe liegt, deutlich größer geworden. Ein weiterer Kniff in Sachen Auffindbarkeit: Mit dem Scheren-Etui von MUUD rutscht das Teil auch nicht so leicht im Wollkörbchen zwischen die Knäuel.

Beides sind übrigens super Ideen für die Bestückung eines Last-Minute-Osterkörbchen. Wenn nur noch ein kleiner Platz zwischen gefärbten Eiern und Schokolade frei sein sollte: Ein Set Maschenmarkierer ist nie verkehrt. Bitte sagt mir, dass die nicht nur bei mir einfach so verschwinden…

Ins Osternest kommt das leider nicht mehr…

Laine Shirt Florencia
Shirt Florencia
Foto: © Instagram.com/Laine Magazine

Eigentlich finde ich es ja immer gemein, Sachen vorzuschlagen und im besten Falle Begeisterung für etwas zu wecken, nur um dann zu sagen: Tja, da musst du wohl noch warten. So ist es leider in diesem Fall – aber ich wollte euch die Vorfreude wiederum auch nicht vorenthalten: Im Mai erscheint das neue Laine-Magazin! Und was sehen meine müden Handy-Scroll-Augen da? Auch bei den Finnen wird’s demnächst grafisch.

Auf Instagram konnten Laine-Fans schon einige Modelle erspähen. Mit dem Shirt Florencia träume ich mich – schon dank des Namens – sofort auf eine Piazza in der Toskana. Wenn also der Modern Art Sweater von Signora Egidi fertig ist, könnte ein Blick die neue Laine-Ausgabe nicht schaden. Alles zu den Modellen und unseren Garnideen verraten wir euch, wenn das Magazin erscheint.

Wer jetzt genauso ungeduldig ist wie ich, kann in der Zwischenzeit das Heft schon mal vorbestellen. Bei der Gelegenheit könnt ihr euch auch gleich noch durch die vergangenen Ausgaben klicken. Wer’s noch nicht getan hat, kann außerdem in Folge 14 des Maschenfein-Podcasts reinhören. Hier spricht Marisa mit Sini Kramer, einer der Gründerinnen des Laine-Verlags.

Netzgeflüster und Maschenfeinstrickrunde

Beim Schreiben mache ich meistens zu wenige Pausen. Wenn ich im Fluss bin, unterbreche ich besser nicht, sage ich mir immer. Da kommt so eine Recherche auf Instagram zum Netzgeflüster wie gerufen zur gekonnten Prokastination:

Zwischen ihren Schichten als Assistenzärztin kommt Larissa bewundernswerter Weise noch zum Stricken (Mein Lebensgefährte macht den Job auch und deshalb weiß ich, was das Klinikpersonal gerade in den letzten zwei Jahren aushalten musste. Respekt!). Sie ist von dem neuen Strukturmuster-Trend aus Skandinaviens Strickdesignstuben offenbar genau so begeistert wie wir und arbeitet gerade am Sweater No. 18 von My Favourite Things Knitwear. Eine Runde nordische Entspannung und Meditation kann auch Anja gut gebrauchen. Sie nennt die Passe des Magnolia Bloom Sweater von Camilla Vad ihr “Strick-Mandala”.

Ingrid Sweater Beige
Sweater No. 18
Foto: © Instagram.com/Lasristrickt
Magnolia Bloom Passe
Magnolia Bloom Sweater
Foto: © Instagram.com/Anjas_Kostbarkeiten

SALMA – AUCH OHNE MYSTERY EIN RENNER

Auch wenn es in diesem Jahr kein Mystery-Knit-Along ist, ist die Begeisterung in Sachen Muttertagstuch bei euch riesig. Ganz viele haben Tuch Salma angeschlagen. Bei Lina, die eines unserer Mustertücher gestrickt hat, sorgt die Farbwahl für gute Laune: Frühling beginnt schließlich im Kopf. Mehr Glück mit dem Wetter hatte Melpomene. Da dürfen die ersten vier Dreiecke ein kleines Sonnenbad mit den Gänseblümchen auf der Wiese nehmen.

Tuch Salma Nervennahrung
Tuch Salma
Foto: © Instagram.com/frau.Ente
Tuch Salma in der Wiese
Foto: © Instagram.com/Melpomene_13_

Mit diesen Frühlingsgefühlen schicke ich euch in ein vielleicht sonniges Wochenende. Ich hoffe, ihr hattet Spaß bei unserem Trip um den Strickerdball. Viel Vergnügen beim Eierfärben, Anschlagen und Abketten oder mit euren ersten Origami-Kranichen.